: Gespenst Versorgungslücke
■ Die Palette der privaten Altersvorsorge ist groß. Die staatliche Grundrente wird allenfalls einen minimalen Lebensstandard garantieren. Wie kann man die gesetzlichen Zahlungen mit privaten Leistungen verbinden? N
Die Rente ist sicher. Zumindest behauptete das lange Zeit und monoton Bundesminister Norbert Blüm. Doch die höhere Lebenserwartung und sinkende Geburtenrate der Deutschen setzen der Rentenversicherung schwer zu. So soll das Rentenniveau bis zum Jahr 2030 auf 64 Prozent des Nettogehaltes gesenkt werden. Für jüngere Arbeitnehmer bedeutet dies eine Grundrente, die gerade mal einen minimalen Lebensstandard garantiert. Das Gespenst der Versorgungslücke ist geboren, der Arbeitnehmer verängstigt. So stellt sich die Frage nach einem privaten Vorsorgekonzept, das die gesetzliche Rente mit privaten Leistungen kombiniert.
Die Palette der privaten Altersvorsorge ist groß. Von Lebensversicherungen bis Sparbücher ist jede Form der Geldanlage am Markt vertreten. Mit großartigen Renditeversprechungen locken Banken und Versicherungen ihre Kunden. Dabei gilt es zunächst den persönlichen Bedarf zu prüfen. Viele Unternehmen bieten Kapitallebensversicherungen an, bei denen das Sparen im Vordergrund steht. Zusätzlich dazu kann ein „Todesfallschutz“ abgeschlossen werden. Ihr Pendant, die private Rentenversicherung, ist im Grunde eine Kapitallebensversicherung, jedoch ohne Todesfallschutz. Doch die Stiftung Warentest warnt vor einem übereilten Abschluß. Geht es beispielsweise um die Absicherung der Hinterbliebenen, sollte man sich für eine preisgünstigere Risikolebensversicherung entscheiden. Gerade junge Leute sind damit besser beraten, da sie selten Angehörige absichern müssen.
Singles aller Altersstufen sind wiederum ein besonderer Fall: Für sie empfiehlt sich eine steuerlich begünstigte Direktversicherung. Die von Versicherungen hochgelobten steuerlichen Zinsfreibeträge der kapitalbildenden Lebensversicherung lohnen sich nur, wenn bereits andere Guthaben ausgeschöpft wurden. Dann wird die Ablaufleistung steuerfrei ausbezahlt, bei einem mindestens zwölfjährigen Vertrag.
Vor einer Versicherung allerdings warnen die Verbraucherschützer ausdrücklich: Finger weg von der gemischten Kapitallebensversicherung. Obwohl die Auszahlungssumme durchaus deutlich über der Versicherungssumme liegen kann, sind die Renditeversprechen keineswegs gesichert. Zweifelhaft und außerdem weitgehend unbekannt ist zudem die Verwendung der Beiträge. Deshalb ist eine Vergleich der Gesellschaften hinsichtlich ihrer Leistungen sinnvoll.
Private Rentenversicherungen zahlen nicht eine einmalige Summe aus, sondern eine lebenslange monatliche Rente. Freuen könne sich, wer lange lebe, meinen die einen, denn die Rendite erhöhe sich mit zunehmendem Alter. Der Bund der Versicherten (BdV) rät demgegenüber ausdrücklich ab. Da die Branche wisse, daß die traditionelle Kapitallebensversicherung sterbe, wolle sie nun „den legalen Betrug unter einem anderen Namen fortsetzen“, heißt es in einem BdV-Info. „Die Rentenangaben stimmen nicht, es drohen erhebliche Renditekürzungen im Alter.“ So sei einem Arzt kürzlich die Rente nach eineinhalb Jahren Rentenzahlung von 4.000 Mark auf 3.300 Mark gekürzt worden. Versicherte zahlten Beiträge und erhielten Rentenversprechungen nach den Sterbetafeln von heute. „Sie leben aber in 20 oder 30 Jahren länger als erwartet.“ Lege man allein eine längere Lebenszeit von drei Jahren zugrunde, bedeute dies: „Es müssen an Hunderttausende von Versicherten drei Jahre länger nicht einkalkulierte Jahresrenten in Milliardenhöhe gezahlt werden.“ Und das führe zu ständigen Rentenkürzungen. Die Rentenversicherung sei allerdings eine „Spekulation auf langes Leben“. Werde die normale Lebenserwartung nicht erreicht, „ist sie ein schlechtes Geschäft“. Der BdV rät, sein Geld bis zum Rentenalter anderweitig anzulegen, keinesfalls jedoch in unrentable Versicherungen. Dann solle man im Alter entscheiden, ob „man das Angesparte als Einmalbeitrag in eine private Rentenversicherung einzahlen will“, was sich bei bester Gesundheit und langer Lebensdauer lohnen könne.
Wem der Dschungel der Versicherungen zu dicht ist, dem bleibt das Dickicht der Geldanlage. Dabei sollte der zukünftige Kleinanleger auf drei Kriterien achten: An erster Stelle steht die Sicherheit der Anlage. Seriöse Berater von bekannten Banken sind hier unsicheren, nur scheinbar günstigeren Angeboten vorzuziehen. Dann die Rendite: Sie ist natürlich ausschlaggebend für den Erfolg der Vorsorge. Und an dritter Stelle steht die zeitliche Verfügbarkeit der Geldanlage.
Zwei dieser Kriterien erfüllt ein Klassiker des Sparens, das Sparbuch, nicht. So raten denn die Verbraucherschützer aufgrund der kläglichen Zinsen, die oft unter drei Prozent liegen und damit nicht einmal den inflationsbedingten Wertverlust des Geldes ausgleichen, von dieser Form der Geldanlage ab. Eine Alternative für die kurzfristige Anlage sind dagegen besser verzinste Tagesgeldkonten. Mit Vorsicht zu genießen seien die von Banken angebotenen Sparpläne. Sie unterlägen großen Zinsschwankungen und machten somit eine präzise Vorhersage des Zinsertrags unmöglich. Genaue Renditeangaben sind beim Verwandten der Sparpläne, dem Sparbrief, zwar möglich, da der Zinssatz ebenso wie die Anlagezeit festgelegt wird, doch sollte man dafür eine Hochzinsphase abwarten.
In sicheren Händen scheint die Altersvorsorge dagegen bei festverzinslichen Wertpapieren zu liegen. Die Stiftung Warentest empfiehlt vor allem solche der öffentlichen Hand, da hier eine Zahlungsunfähigkeit weniger wahrscheinlich ist als bei Unternehmen oder Banken.
Risikoliebhaber dagegen legen ihr Geld in Aktien an. Für Laien allerdings ist deren Kurswechsel nur schwer durchschaubar und Verluste müssen einkalkuliert werden. Für die sichere Altersvorsorge stuft Stiftung Warentest sie daher als bedenklich ein. Als unbedenklich dagegen empfiehlt sie Investmentfonds, da dort das Geld vieler Sparer gesammelt und das Risiko auf mehrere Unternehmen verteilt wird. Dabei sind Renten- und offene Immobilienfonds die risiko-, aber auch renditeärmsten. Gemischte Fonds sind meist flexibler und investieren dort, wo es am ertragreichsten scheint. Die Renditeerfolge der Vergangenheit zeigen zwar bedingt den Grad der Sicherheit an, aber seriöse Manager jedweder Art von Fonds weisen immer auf das Risiko hin. Die Stiftung Warentest empfiehlt daher dem Verbraucher ausführliche Beratungsgespräche mit Banken und Versicherungen, um den persönlichen Bedarf zu ermitteln und die private Altersvorsorge sicher zu gestalten. Eva Blank
„Ratgeber Rente“. Hrsg. Stiftung Warentest, 1997, 18 DM
Rehan, Reichel, Schöttler: „Alles was man über die gesetzliche und private Altersvorsorge wissen muß“. Falkenverlag, 24,90 DM
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