: Gerichte urteilen am Wochenende
■ Beschleunigte Verfahren / Erster Ladendieb verurteilt
Ab sofort werden im Amtsgericht Bremen Straftäter in einem beschleunigten Verfahren auch an Wochenenden verurteilt. Das beschleunigte Verfahren wird auf Antrag der Staatsanwaltschaft durchgeführt, wenn der Sachverhalt einfach und die Beweislage klar ist.
Auf diese Weise will die Staatsanwaltschaft vor allem Straftäter dingfest machen, die keinen festen Wohnsitz haben. Am vergangenen Wochenende ist zum Beispiel erstmals ein Osteuropäer wenige Stunden nach der Tat zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Für einen Ladendiebstahl muß der Mann 60 Tagessätze zu 15 Mark bezahlen.
Im beschleunigten Verfahren können allerdings auch Freiheitsstrafen bis zu einem Jahr verhängt werden. Auch die Entziehung des Führerscheins kann in beschleunigten Verfahren entschieden werden.
Die Strafverteidigerinitiative Bremen hat gegen das Verfahren bereits Protest angmeldet (taz 12.9.). Die Anwälte fürchten, daß Beschuldigte auch wegen nichtiger Anlässe in Haft genommen werden.
Einen Vorwurf, den Amtsgerichtspräsident Rüdiger Tönnies nicht nachvollziehen kann. „Das Verfahren ist in erster Linie dazu da, Untersuchungshaft zu vermeiden“, so Tönnies. Seit Juli diesen Jahres gibt es die Möglichkeit, Verdächtige bis zu einer Woche in Haft zu nehmen. Wenn ein Täter allerdings schon Stunden nach der Tat vor dem Richter stünde, müsse er gar nicht erst in den Knast, argumentiert Tönnies.
Außerdem sei das Verfahren wesentlich effektiver und schneller. Etwa viereinhalb Monate vergingen bislang von der Anklageerhebung bis zum Urteilsspruch. Höhere Strafen würden ebenfalls nicht verhängt, da sich an dem Strafmaß für die Taten nichts geändert hätte. Es ginge vielmehr darum, daß die Strafe wirkungsvoller sei, wenn sie unmittelbar nach der Tat ausgesprochen werde. kes
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen