: Das Recht auf den Link
■ Eine Provinzposse mit juristischen Folgen
In Edinburgh wird im kommenden Monat Rechtsgeschichte geschrieben. Mal wieder könnte der freie Datenverkehr auf dem Spiel stehen, argwöhnen Beobachter. Denn das oberste schottische Zivilgericht, der Court of Session, schickt sich an, einen Grundsatzstreit im Netz zu entscheiden. Die Frage, um die es während einer vier Tage dauernden Anhörung gehen wird, lautet: Gibt es ein Copyright auf einen Link, der von der einen auf eine andere Website verweist?
Würde das Gericht unter Vorsitz von Lord Hamilton diese Frage mit Ja beantworten, so hätte das in der Tat weitreichende Folgen für das bislang ungebremst wachsende Medium. Es würde bedeuten, daß Links zwischen Websites nicht mehr frei angeboten werden könnten. Zumindest wären schriftliche Einverständniserklärungen vonnöten – der Austausch von Daten im World Wide Web wäre damit gestört, der ungehinderten Vernetzung ein neuer Stolperstein in den Weg gelegt.
Was als Provinzposse begann, kann zum internationalen Rechtsrisko werden. Zur Einnerung: Zwei Internetpublizisten auf den schottischen Shetland-Inseln kommen miteinander ins Gehege, als der eine, Jonathan Wills, Herausgeber der ausschließlich im Internet erscheinenden Tageszeitung Shetland News (www.shetland- news.co.uk), Links zu tagesaktuellen Seiten der alteingesessenen Wochenzeitung The Shetland Times (www.shetland-times.co. uk) anbietet.
Freilich für kurze Zeit nur. Denn Robert Wishart, Herausgeber der Shetland Times, erwirkt eine einstweilige Verfügung, die Wills es verbietet, weiterhin Links anzubieten. Während Wishart behauptet, die Links zu bestimmten Seiten der Times verletze das Copyright, behauptet Wills das Anbieten von Links sei gängige Praxis, was wiederum nur belege, das Konkurrent Wishart keine Ahnung vom Internet habe.
Seither sind ungezählte Seiten Papier mit Vorwürfen und Unflätigkeiten gefüllt worden, der Sache hat es nicht geholfen. Die Gewerkschaft der Journalisten Großbritanniens hat sich auf die Seite von Wills und der Shetland News gestellt. Die National Union of Journalists (NUJ) übernimmt Wills' Gerichtskosten. Hans-Jürgen Marter
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen