: „Geliebter Führer“ wird „großer Führer“
Kim Jong Il, der Sohn des verstorbenen nordkoreanischen Diktators Kim Il Sung, wird nun endlich offiziell Parteichef. Das vom offiziellen Nord-Korea als „historisch“ bezeichnete Ereignis ist vor allem symbolisch ■ Von Sven Hansen
Berlin (taz) – Gut drei Jahre nach dem Tod seines Vaters und „großen Führers“ ist Nordkoreas Machthaber Kim Jong Il, der zu Lebzeiten seines Vaters als „geliebter Führer“ bezeichnet wurde, gestern offiziell zum Generalsekretär der kommunistischen Partei der Arbeit ernannt worden. Partei und Volksarmee hätten den „großen Führer“ Kim Jong Il als Generalsekretär bestätigt, meldete das Staatsfernsehen. Damit wird Kim Junior Parteichef, aber nicht Staatspräsident. Bislang war der 55jährige formal lediglich Oberbefehlshaber der Armee.
Ursprünglich war mit der Beförderung schon für Juli gerechnet worden, als die offizielle dreijährige Trauerzeit für Kim Il Sung endete. Der mit einem beispiellosen Personenkult regierende Diktator war am 8. Juli 1994 82jährig verstorben. Die dynastische Erbfolge seines ältesten Sohnes, der von seinem Vater seit den 70er Jahren als Nachhfolger aufgebaut worden war, blieb damals aus und nährte Spekulationen über Machtkämpfe. Erst im September hieß es, Armee- und Parteiorganisationen hätten sich für den Junior als Parteichef ausgesprochen. Dann wurde die Amtsübernahme für den morgigen 52. Gründungstag der Partei erwartet.
Der Personenkult um den Vater gilt längst auch dem Sohn. Obstbäume hätten für Kim im Herbst geblüht, berichteten die Staatsmedien, als Glückwunsch der Natur für die weise Entscheidung, Kim Jong Il zum Parteichef zu küren. Anfang der Woche kam es gar zu Spannungen mit Südkorea, weil südkoreanische Arbeiter an der Baustelle eines Atomkraftwerkes im Norden eine Zeitung mit dem Bild Kim Jong Ils weggeworfen hatten und nordkoreanische Bauarbeiter aus Protest gegen dieses Sakrileg daraufhin angeblich voll Empörung in den Streik traten. Gesicherte Informationen über Kim Jong Il, der bisher kaum öffentlich auftrat, gibt es wenig. Das fängt schon mit seiner Geburt an: Offiziell wurde Kim 1942 unter einem doppelten Regenbogen in einem antijapanischen Widerstandslager auf dem heiligen Berg Paektu geboren, nach westlichen Quellen aber 1941 in einem russischen Militärlager in Sibirien. Westliche Quellen sagen ihm einen Hang zu schönen Frauen, Alkohol und Videos nach und verbinden ihn mit Terroranschlägen gegen Süd- Korea.
Die offizielle Amtsübernahme Kims ist vor allem symbolisch, da er die Macht schon hat. Die Ernennung zum Parteichef könnte aber nach Einschätzung von Diplomaten auch ein Hinweis darauf sein, daß die Parteigremien wieder aktiv werden sollen. Seit 1980 hat es keinen Parteitag mehr gegeben, das Zentralkomitee soll seit dem Tod des Vaters nicht mehr getagt haben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen