: Kreuzberg gegen Botag-Einkaufscenter
■ In der Cuvrystraße soll ein 20.000 Quadratmeter großes Einkaufszentrum entstehen. SPD und CDU sind begeistert. Händler, Anwohner und Bündnisgrüne befürchten ein Aus für die Markthalle und die Kreuzberg
Die Händler in der Kreuzberger Eisenbahn-Markthalle, Anwohner rund um den Lausitzer Platz und andere Einzelhändler sind sich einig: Wenn wie geplant in der Cuvrystraße Ecke Schlesische Straße ein riesiges Einkaufszentrum mit 20.000 Quadratmeter Handelsfläche gebaut wird, droht der Kreuzberger Mischung und seiner Gewerbestruktur das Aus. Mit Flugblättern, Plakaten und Versammlungen soll deshalb nun Widerstand gegen das geplante Botag- Center organisiert werden.
Der Protest richtet sich damit auch gegen die Mehrheit von SPD und CDU in der Kreuzberger Bezirksverordnetenversammlung. Gegen die Stimmen der Bündnisgrünen haben CDU und SPD am 24. September die Aufstellung eines Vorhabens- und Erschließungsplans beschlossen. Mit diesem Instrument, bei dem die Bürgerbeteiligung erheblich eingeschränkt ist, soll dem Investor Botag möglichst schnell Baurecht verschafft werden.
Zur Begründung sagte der CDU-Abgeordnete und Vorsitzende des Kreuzberger Bauausschusses, Ralf Olschewski, daß das Botag-Center Kaufkraft in Kreuzberg binde. Sowohl die CDU als auch die SPD verwiesen auf den geplanten Bau des Treptower Park-Centers als auch die Friedrichshainer Oberbaum-City auf dem Narva-Gelände, die die Kreuzberger Bürger zum Einkaufen in die Nachbarbezirke lockten.
Für die Gegner des Botag-Centers ist das freilich eine Milchmädchenrechnung. Jedes weitere Einkaufszentrum zerstöre die Kreuzberger Einzelhandelsstruktur, sagt Herbert Schulze, Vorstandsmitglied der Markthallen-Genossenschaft. Michael Bahr, Geschäftsführer der Genossenschaft, fürchtet gar, daß die Markthalle für den Fall, daß das Botag-Center gebaut würde, schließen müßte.
In den Streit um das Einkaufszentrum hat sich nun auch der bündnisgrüne Bürgermeister Franz Schulz eingeschaltet. Zwar muß das Bezirksamt nun innerhalb von drei Monaten Stellung beziehen. Schulz ist aber optimistisch, daß die Senatswirtschaftsverwaltung, die den Vorhabens- und Erschließungsplan mitzeichnen muß, sich gegen das Projekt ausspricht. Der Grund: Gemeinsam mit dem Senat hatte der Bezirk das Gelände Cuvrystraße 50/51 als Standort für ein Kreuzberger Technologiezentrum (KTZ) ausgewiesen. Dessen ursprünglicher Bauträger sollte die Botag sein, die das Gelände dafür für 20 Millionen Mark gekauft hatte. Doch für ein solches Vorhaben hatte die Firma, die offenbar in finanziellen Schwierigkeiten steckt, nach eigenen Angaben keine Interessenten gefunden. Uwe Rada
Hintergrundbericht Seite 23
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen