: Große Flächen, sinkende Preise
■ Landesentwicklungsgesellschaft BLEG sucht händeringend Mieter für modernisierte Fabrikhallen in Oberschöneweide. Benachbarter Investor lockt Firmen mit niedrigeren Mieten
An dem alten Klinkerbau in Oberschöneweide hängt ein großes Plakat: „Gewerbe- und Büroräume ab 1,– Mark pro Quadratmeter“ verspricht der Eigentümer. In dem alten Industriegebiet der DDR entlang der Wilhelminenhofstraße tobt ein harter Konkurrenzkampf um die Vermietung Zehntausender Quadratmeter leerstehender Fabrikflächen. Das Überangebot ist schon heute gigantisch und wird sich mit der Abwicklung des Kabelwerks Oberspree (KWO) 1998 noch einmal vergrößern. Hauptleidtragende ist die Berliner Landesentwicklungsgesellschaft BLEG, die ihre modernisierten und teilweise neuen Gebäude bislang nur zu einem geringen Teil vermieten konnte.
In ihrem neuen Technologie- und Gründerzentrum Spreeknie bietet die BLEG bis Ende des Jahres 12.000 Quadratmeter für Büros, Labors und Kleinproduktion an, die mit allen infrastrukturellen Raffinessen der Telekommunikation ausgestattet sind. Trotzdem liegt die Vermietungsquote unter Plan: Bisher hat die BLEG erst für 20 Prozent der Flächen Verträge abgeschlossen. Im Wilhelminenhof, einem bereits modernisierten Teil des früheren KWO, haben sich Mieter erst für 40 Prozent der Flächen im ersten Bauabschnitt gefunden. Die Fertigstellung des zweiten Bauabschnitts wurde um mehr als ein halbes Jahr auf Anfang 1999 verschoben.
Härtester Konkurrent der BLEG ist der Investor Peter Barg, der Anfang 1997 das Gelände der abgewickelten Transformatorenfabrik AEG-TRO gekauft hat. Nach eigenen Angaben gelang es Barg innnerhalb eines halben Jahres, für 53 Prozent der Hallen und Bürogebäude (über 50.000 Quadratmeter) Mieter zu finden.
Köpenicks Baustadtrat Werner Gehrmann (CDU) meint, einen Grund zu kennen: „Die zu hohen Mietpreise der BLEG passen nicht mehr in die Landschaft.“ Im Gründerzentrum verlangt die landeseigene BLEG 15 Mark Nettokaltmiete pro Quadratmeter, in den modernisierten Hallen des Wilhelminenhofes sind es 12,50 Mark für Gewerbe und 16 Mark für Büros. Immobilieninvestor Barg liegt mit seinen 6 bis 13 Mark oft unter dem Preis der BLEG.
„Teilweise stehen wir mit Barg im Wettbewerb um dieselbe Zielgruppe“, schätzt Dieter Kaiser, Geschäftsführer des Gründerzentrums der BLEG. Die komplette Vermietung seiner Flächen werde sich verzögern. „Man muß solche Projekte langfristiger anlegen, als wir es beim Start 1994 wollten“, so Kaiser. Die Probleme entstünden nicht nur durch die Konkurrenz, sondern durch das insgesamt hohe Flächenangebot in der Stadt und die damit sinkenden Preise.
Trotzdem ist Kaiser guten Mutes: Durch die High-Tech-Ausstattung im Gründerzentrum und die speziellen Beratungsleistungen, die die BLEG anbiete, würden sich Unternehmensgründer schon noch finden. Allerdings steckt die Entwicklungsgesellschaft grundsätzlich in der Klemme: Sie braucht Mieten in der gegenwärtigen Höhe, um Bankzinsen und -kredite zu bezahlen. Ein weiteres Hindernis: Maximal acht Jahre dürfen die neuen Firmen im staatlich geförderten Gründerzentrum bleiben. Danach müssen sie sich andere Räume suchen, um Platz für Nachrücker zu machen: Das schreckt Interessenten ab. Über die Änderung dieser Regelung verhandeln gegenwärtig die ExpertInnen in Bund und Land.
Der hohe Vermietungsstand von TRO-Käufer Barg allerdings ist nicht in jeder Hinsicht mit der BLEG vergleichbar. Bei TRO kommen einige Firmen in den Genuß niedriger Mieten, weil sie in rohe Hallen ohne jegliche Modernisierung einziehen und die Flächen selbst umbauen. Außerdem bietet Mäzen Barg gezielt KünstlerInnen Atelierräume an – einer Klientel, zur der die BLEG eher keinen Zugang hat.
Am Spreeufer auf Bargs „Kultur- und Technologiezentrum Rathenau“ – es ist benannt nach den Gründern der AEG – baut die Karl-Hofer-Gesellschaft ein großes Gebäude mit Ateliers aus. Eine Gruppe Köpenicker KünstlerInnen eröffnete diese Woche eine Ausstellung unter dem Titel „Sehen, Aufheben – Umbrüche und Wandlungen in Oberschöneweide“, die den Kollaps und die versuchte Wiederlebung des Stadtteils dokumentiert (bis 8. November). Am Flußufer entsteht eine Anlegestelle für Freizeitkapitäne, daneben ein Bistro. Geplant sind ferner ein Kino mit 950 Plätzen und an der Wilhelminenhofstraße eine Martkhalle, um Leute auf das Gelände zu locken. Mehr als zwei Dutzend Betriebe residieren zur Zeit in den alten Tranformatorenhallen – von der Präzisionsdreherei bis zur Gebäudereinigung. Hannes Koch
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