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ÖTV gegen Übernahme von städtischen Kliniken

■ Kauf durch den Paritätischen Wohlfahrtsverband führe zu Monopol und höhlt Tarifrecht aus

Bei der ÖTV stößt das Angebot des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes (DPWV), alle elf städtischen Krankenhäuser zu übernehmen, auf Ablehnung. Der DPWV möchte die Häuser mit 10.000 Betten und 25.000 Mitarbeitern für 1,5 Milliarden Mark kaufen. Die Berliner Landesbank hat sich in einem Brief an den Senat grundsätzlich bereit erklärt, das Geschäft zu finanzieren. DPWV-Chef Hans-Jochen Brauns verspricht sich von der Übernahme mehr Flexibilität für eine wirtschaftliche Führung der Häuser. Aber auch das Tarifrecht des Öffentlichen Dienstes soll aufgeweicht werden.

ÖTV-Sprecher Ernst-Otto Kock bewertete das Übernahmeangebot gestern als Versuch des DPWV, sich „in einem schwindenden Markt eine Machtposition zu sichern“. Mit der Übernahme aller städtischen Kliniken entstehe ein Monopol. Erst in der vergangenen Woche hatte der DPWV vorgeschlagen, alle kommunalen Kindertagesstätten zu übernehmen. „Der Verband übernimmt sich mit Sicherheit“, kommentierte Kock die beiden Großvorhaben. Doch befürchtet die Gewerkschaft auch massive Nachteile für die Beschäftigten. DPWV-Chef Brauns hatte sich vor kurzem für betriebsbedingte Kündigungen in Krankenhäusern ausgesprochen. Dabei verhandelt die Gesundheitssenatorin derzeit mit der ÖTV, um derartige Kündigungen zu vermeiden. ÖTV-Chef Lange erklärte aus dem Urlaub, der DPWV wolle offenbar in seiner Funktion als Eigentümer Kündigungen durchsetzen.

Als weiteres Problem, das auch den Landeshaushalt massiv belasten könnte, nannte Kock die Rentenzusatzversicherung des öffentlichen Dienstes. Falls das Land sämtliche Anteile an den Kliniken aufgäbe, wären für den Ausstieg aus der Versicherung mehrere Milliarden Mark fällig – als Ablösesumme für Rentenzahlungen und für den Aufbau einer Ersatzversorgung für künftige Rentenansprüche.

Die ÖTV favorisiert die Umwandlung von städtischen Kliniken in eine Anstalt des öffentlichen Rechts. An dem Reformpapier der ÖTV hat auch der SPD- Politiker Erich Pätzold mitgewirkt. Alle anderen Rechtsformen seien für die Beschäftigten schlechter. Dorothee Winden

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