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„In dem Geschäft muß man langfristig denken“

■ Militärische und andere Gestalten befingern Waffen auf der „Defence Asia '97“ in Bangkok

Bangkok (taz) – Der Stand der Firma Heckler und Koch ist schwer umlagert. Sechs, sieben junge thailändische Soldaten befingern Pistolen und Gewehre, wiegen sie in der Hand, zielen, lassen den Abzug schnappen. Ein paar Schritte weiter nimmt ein indischer Herr eine Maschinenpistole der finnischen Marke „Golden Gun“ auseinander. Aus dem Videomonitor vor dem Ausstellungsstand der Israel Military Industries knattert es scharf: ein blonder Rächer – in jeder Hand eine zierliche Uzi-Maschinenpistole – mäht cool mehrere schwerbewaffnete Feinde nieder, die in einem Großraumbüro um sich schießen.

Waffenmesse in Bangkok: 130 Aussteller aus 25 Ländern warben in der vergangenen Woche auf der „Defence Asia '97“ um neue Kunden in der Region. Asien ist nach dem Nahen Osten der zweitwichtigste Absatzmarkt für Kriegsgerät. Immer mehr und immer modernere Waffen verlangten die Generäle in den letzten Jahren in Peking ebenso wie Jakarta, Kuala Lumpur oder Bangkok. In der Sprache der Politiker der Region handelte es sich um nichts weiter als um eine „militärische Modernisierung“, wie Indonesiens Außenminister Ali Alatas sagte. Beflügelt wurde der Kaufrausch unter anderem von den enormen Schmiergeldern, die bei Rüstungsgeschäften üblicherweise fließen.

In Bangkok zeigten die Aussteller wenig Sorge, daß die Nachfrage aus der Region zurückgehen könnte. An den Kaufgelüsten ändern auch die gegenwärtigen Wirtschaftsprobleme in Ländern wie Thailand oder Malaysia nichts. „In unserem Geschäft muß man langfristig denken“, sagte ein Vertreter des „German Frigate Consortiums“, in dem die Thyssen Rheinstahl, Ferrostaal, Blohm+Voss und die Howaldtswerke-Deutsche Werft zusammenarbeiten. Erst in der vergangenen Woche konnte die Gruppe einen Großauftrag aus der Region an Land ziehen: Die Gruppe soll gemeinsam mit der malaysischen Staatswerft Dockyard in Malaysia mindestens sechs militärische Patrouillenboote bauen. Die Verhandlungen sind allerdings noch nicht beendet.

Spitzenelektronik von der Daimler-Benz Aerospace oder Siemens ebenso wie U-Boote aus Deutschland, unbemannte Überwachungsflugkörper aus Frankreich, skandinavische Radarsysteme, High-Tech und Panzer aus Israel, Kampfflieger aus Indonesien oder Rußland, „Torpedos der Zukunft“, Abhörsysteme, aber auch einfacher Rasierklingen- Draht oder Munition aus Indien und Osteuropa: Die Ausstellungsgäste hatten reiche Auswahl. Die nächste Waffenschau „THAI '97“ folgt bereits am kommenden Mittwoch: Auf einem Militärflughafen südlich der Hauptstadt will zum Beispiel die russische Firma Rosworushenje ein U-Boot aufstellen, „um die Lust der thailändischen Marineleute auf Subs zu stimulieren“, wie das Asian Defence Journal verspricht.

Neben den „Qualitätsbesuchern“ (O-Ton Messeveranstalter) aus dem Militär und organisiertem Waffenhandel drängten sich in Bangkok vor allem vor den Ständen mit Gewehren und Pistolen auch andere schräge Typen. Ein deutscher Tourist, Marke Klein- Rambo, griff wie im Rausch nach den Waffen. Er sei ein „Ex-Waffensammler“, nun aber von seinem Hobby abgekommen. „Ich habe statt dessen einen Hund und eine Gitarre“, versicherte er und blickte sich langsam nach einem Ziel um. Jutta Lietsch

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