Verfahren ohne Ende

■ Prozeß gegen Polizisten, die Vietnamesen mißhandelt haben sollen, geht doch weiter

Bernau (taz) – Die Verteidigung im Prozeß gegen Polizisten der Bernauer Polizeiwache hat eine Niederlage erlitten. Ursprünglich wollten sie gestern das Gericht für befangen erklären lassen und damit das seit über eineinhalb Jahren laufende Verfahren am Landgericht Frankfurt (Oder) platzen lassen. Doch der Antrag der Anwälte wurde als nicht zulässig zurückgewiesen.

Angeklagt waren ursprünglich acht Bernauer Polizisten, denen die Mißhandlung vietnamesischer Zigarettenhändler zur Last gelegt wurde. Die Vorfälle gingen im Sommer 1994 durch die Medien. In der Polizeiwache im brandenburgischen Bernau hatten sich laut Anklageschrift die Vietnamesen nackt ausziehen müssen, waren geschlagen und getreten worden. Sie sollen bestohlen worden sein und hätten zum Gespött der Beamten Grimassen schneiden müssen. Vier der acht Angeklagten wurden im September freigesprochen. Nicht wegen erwiesener Unschuld, wie Staatsanwalt Joachim Sörries in seinem Plädoyer ausführte, sondern „weil der hinreichende Tatverdacht nicht in eine sichere Überzeugung von einer individuellen Schuld überführt werden konnte“. Es sei nicht gelungen, die Mauer des Schweigens über die Vorfälle in der Bernauer Dienststelle aufzubrechen. Gegen die vier Polizisten, die noch auf der Anklagebank sitzen, liegen hingegen Aussagen von betroffenen Vietnamesen vor, die sie belasten könnten. Mehr als einmal traten die Tatvorwürfe hinter strafprozessuale Finessen zurück. Auch diesmal sah die Verteidigung einen Formfehler: Das Gericht habe einen Antrag der Verteidigung auf Hinzuziehung eines Sachverständigen „mangelhaft sorgfältig“ beraten, sei also befangen.

Seit Prozeßbeginn ist die Verteidigung der Ansicht, ihre Mandanten wären in der öffentlichen Meinung vorverurteilt worden, folglich könnten die Richter auch nicht objektiv richten.

Wäre das Gericht gestern für befangen erklärt worden, so hätten nur die vier Freisprüche Bestand. Gegen die vier verbliebenen Polizisten hätte aber neu verhandelt werden müssen. Marina Mai