: Rexrodt pfeift auf EU-Recht
Wirtschaftsminister will Genmais ohne EU-Zulassung importieren. Zur Eröffnung der Messe Biotechnica erklärt er Erfolg in der Biotechnik zur Überlebensfrage ■ Von Matthias Urbach
Berlin (taz) – Zwar hat Deutschland nicht die größte Biotechnikbranche der Welt, aber die größte Biotechnikmesse: Die Biotechnica, die gestern in Hannover eröffnet wurde. Bundeswirtschaftsminister Günter Rexrodt (FDP) nutzte die Gelegenheit und bilanzierte stolz den Aufschwung der Branche in Deutschland. Die Zahl der Unternehmen habe sich in den vergangenen 18 Monaten nahezu verdoppelt auf 150, wenn sie auch immer noch klein sei im Vergleich mit den USA. Dort gibt es 1.300 Firmen, die Pflanzen und Tiere industriell optimieren und nutzen.
Rexrodt beklagte eine „große Unkenntnis“ bei den Verbrauchern. „Die Menschen müssen verstehen, daß die Gentechnik nichts zu verbergen hat“, sagte Rexrodt, um im nächsten Atemzug davor zu warnen, den Import von Genmais aus Amerika zu verhindern, nur weil er in der EU keine Zulassung habe. Wenn es gegen diese Lebensmittel keine Sicherheitsbedenken gebe, dürfe kein Handelskrieg riskiert werden. Rexrodt bezog sich dabei auf eine Mitteilung des Deutschen Aufsichtsamtes für Gentechnik, dem Robert-Koch- Institut in Berlin, daß unter die neuen Maislieferungen aus den USA auch genmanipulierter Mais gemischt ist, der in der EU noch keine Zulassung hat.
Noch bis morgen zeigen 581 Aussteller aus 22 Ländern neue Kreationen aus ihren Labors. Dazu gehören Versuche, künstliche Organe für Transplantationen herzustellen, Krebsarzneien aus Tiefseebakterien sowie Baumwollpflanzen, die gleich in Jeansblau auf den Sträuchern sprießen.
Günter Rexrodt stilisierte die Biotechnik zur Zukunftsfrage: Der Erfolg oder Mißerfolg in dieser Branche werde künftig über das Schicksal der ganzen Wirtschaft mitbestimmen – ähnlich wie heute die Mikroelektronik. Bislang kommen zehn Prozent aller Biotechnik-Patente aus Deutschland, die Hälfte dagegen aus den USA. In Deutschland arbeiten 28.000 Menschen in dieser Branche. Rund die Hälfte aller Felder für Freilandversuche im vergangenen Jahr wurden von Gentechnik-Gegnern zerstört.
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