: Bremen soll nicht wieder strahlen
■ Bremer Anti-Atomkraft-Kraft-Forum startet Kampagne gegen Bremens privilegierte Rolle bei den Atomtransporten / Bürgeranträge gegen Atomtransporte durch die Stadt liegen Beiräten vor
Wenn Anfang November abgebrannte Brennstäbe aus deutschen Atomkraftwerken in ihren Castorbehältern durch die Republik verschoben werden, bekommt auch Bremen seine Dosis ab. Eingebettet in eine bundesweite Kampagne und in Kooperation mit französischen Atomkraftgegnern will das Bremer-Anti-Atomkraft-Forum (BAA) die Castortransporte verhindern. „Der ganze Transport durch die Bundesrepublik soll beobachtet und begleitet werden“, sagt Bernhard Stövesand, Mitglied im BAA. „Vielleicht schaffen wir es nicht, den Transport in Bremen aufzuhalten, dann passiert es eben anderswo.“
Zum dritten November werden Castortransporte mit abgebrannten Brennelementen aus Brunsbüttel am Bremer Hauptbahnhof erwartet. Entlang der Strecke, am Hauptbahnhof und in Mahndorf sind Mahnwachen geplant. Politisch begeleitet werden die bundesweiten Aktionen in Bremen von mehreren Bürgeranträgen. So wird am dritten November im Beirat Bremen-Mitte den Mitgliedern ein Antrag vorgelegt, wonach sich der Beirat wegen „der unverantwortlichen Risiken“gegen die Atomtransporte per LKW, Zug oder Schiff durch Bremen und Bremerhaven aussprechen soll. Gleichlautende Anträge werden anschließend in alle Beiräte eingebracht, die an der Transportroute von Castorbehältern liegen.
Wie die taz bereits berichtete, hat sich Bremen zu einem Knotenpunkt für Atomtransporte entwickelt. Nach der Weigerung von Lübeck und Emden, Atomtransporte über ihre Häfen zuzulassen, wickelt Bremerhaven als einziger Hafen Deutschlands solche Transporte ab. Der Häfensenator beruft sich auf ein Hamburger Rechtsgutachten, wonach es für Bremen unmöglich sein soll, seine Häfen der Atomfracht zu verschließen. Demgegenüber hat Greenpeace Hamburg ein Gutachten vorgelegt, welches der offiziellen Bremer Position widerspricht. „Bremen will unbedingt seine Häfen offenhalten für alle Waren jeglicher Art, das ist eine politische Entscheidung“, erklärte ein Sprecher von Green- peace.
Als Antwort auf eine kleine Anfrage der Grünen in der Bremischen Bürgerschaft wurden für 1995 insgesamt 186 Transporte mit unterschiedlichem radioaktivem Material durch Bremen gezählt. Teilweise warten die Waggons stundenlang in Bremen auf ihren Weitertransport mit normalen Güterzügen. Hinzu kommen die Castortransporte aus den Atomkraftwerken Brunsbüttel, Esensham, Stade, Brokdorf und Krümmel nach Sellafield (England) oder La Hague (Frankreich). Diese Brennstäbe müssen lange Wege zurücklegen, da die BeNeLux-Staaten eine Durchquerung ihrer Länder nicht erlauben. Ihnen ist die Fracht zu gefährlich. Auch Frankfurt und Kirchheim haben mit der Bahn die Übereinkunft, keine Atomtransporte über ihr Stadtgebiet zu führen. Anfang des Jahres war in Lothringen ein Castorzug mit deutschem Atommüll entgleist.
„Wir sind gegen Atommülltourismus“, sagt Fritz Storim vom BAA. Er ist enttäuscht von der halbherzigen Art der Bremer Grünen, sich in der Anti-Atomtransportkampagne zu engagieren. „Wenn wir es schaffen, die Transporte zu verhindern, setzen wir die Atomindustrie unter Druck. Wir wollen den Ausstieg aus der Atomenergie“, ist die einhellige Forderung des Anti-Atom-Forums, in dem alle Bremer Gruppen vertreten sind, die sich gegen Atomkraft engagieren. Thomas Schumacher
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