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Trotz gleicher Bezahlung keine Chance auf alten Job

■ Die ehemalige PDS-Abgeordnete Heike Meves klagt vergeblich auf ihre ehemalige Stelle als Kunstleiterin im Bezirksamt Treptow. Amt kann sich mit geringer Geldstrafe freikaufen

Wenn ehemalige Abgeordnete aus dem öffentlichen Dienst nach Ablauf des Parlamentsmandates auf eine vergleichbare Stelle zurückkehren wollen, kann der Arbeitgeber sich von der Rückübernahme freikaufen. So lautet das Resümee dreier Arbeitsrechtsprozesse beim Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht, die die ehemalige PDS-Abgeordneten Heike Meves geführt hat.

Die Kunsterzieherin saß vom Dezember 1990 bis Oktober 1995 im Abgeordnetenhaus. Danach konnte sie auf ihre ursprüngliche Stelle als Kulturamtsleiterin im Bezirksamt Treptow nicht zurückkehren, weil diese während ihrer Parlamentstätigkeit neu besetzt worden war. Meves war 1990 zur Kulturamtsleiterin ernannt worden.

Die ehemalige Parlamentarierin bekam zwar seit 1996 das ihr zustehende Amtsleitergehalt weitergezahlt, denn dazu ist das Bezirksamt verpflichtet. Jedoch wurde ihr nur eine Stelle als Dozentin an der Jugendkunstschule zugewiesen, die ihrem eigentlichem Gehalt nicht entspricht. Meves hat bis heute keine eigenen Schüler, die sie unterrichtet, sondern gibt nur gelegentlich Vertretungsunterricht.

Heike Meves hat sich einige Zeit später um eine freie Stelle der Direktorin der Volkshochschule Treptow beworben. Sie hatte versucht, diesen Anspruch vor Gericht einzuklagen. Die Klagen wurden in zwei Instanzen abgewiesen. Daraufhin klagte Meves vor dem Arbeitsgericht gegen das Bezirksamt Treptow, ihr eine ihrer ursprünglichen Tätigkeit gleichwertige zuzuweisen. Auch diese Klage wurde zurückgewiesen, weil sie „nicht justitiabel“ sei: Immerhin zahle ihr das Bezirksamt ja das alte Gehalt, begründete das Arbeitsgericht. Im Urteil, das noch nicht in schriftlicher Form vorliegt, heißt es, daß die Klage auf eine entsprechende Tätigkeit juristisch nicht durchsetzbar sei, weil das Bezirksamt sich davon mit einer geringen Geldstrafe von wenigen tausend Mark freikaufen könne.

Meves' Anwalt Ulrich Dost erwägt jetzt den Gang vor das Bundesverfassungericht, um das im Grundgesetz verbriefte Recht auf freie Mandatsausübung einzuklagen. Dieses schließt ein, daß Parlamentariern nach Ablauf ihrer Tätigkeit kein Nachteil entsteht.

Die PDS hat den Arbeitsrechtsstreit ihrer Exparlamentarierin bisher als deren Privatsache angesehen. „Ein rechtskräftiges Urteil wäre für die PDS eine Katastrophe“, erklärt allerdings Meves ehemaliger Fraktionschef Peter Zotl. Denn dann wären Personen mit gesicherten Arbeitsverhältnissen nicht mehr bereit, für einen Parlamentssitz zu kandidieren. Zotl weist darauf hin, daß Heike Meves für die damalige PDS-Fraktion gerade wegen ihrer Erfahrungen aus dem öffentlichen Dienst eine Bereicherung war.

Auch Parlamentspräsident Herwig Haase (CDU) fühlte sich bisher für die Belange der ehemaligen Abgeordneten nicht zuständig und verwies sie an den Petitionsausschuß. Der mischt sich jedoch nicht in laufende gerichtliche Auseinandersetzungen ein.

Zotl sieht es als Fehler an, Heike Meves mit ihrem Anwalt allein gelassen zu haben. So konnten wichtige, aufwendige Recherchen, etwa nach vergleichbaren Fällen in anderen Bundesländern, nicht geleistet werden. Zotl will jetzt prüfen, wie er seine Exkollegin in künftigen gerichtlichen Auseinandersetzungen besser unterstützen kann. Marina Mai

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