Keine Zukunft, um Pläne zu machen

■ Verlorene Zeit, verlorenes Leben – die Autobiographie eines Asylbewerbers aus Ruanda zeigt ein trauriges Bild Deutschlands

„Das Schreiben war für mich eine Therapie, das hat mir geholfen“, sagt Thomas Mazimpaka, gelernter Betriebswirtschaftler. Der großgewachsene Afrikaner berichtet in perfektem Deutsch über sein Leben. Sein Buch „Ein Tutsi in Deutschland. Das Schicksal eines Flüchtlings“, das er vor zwei Wochen in Dresden vorstellte, hat er ebenfalls in deutscher Sprache verfaßt. Vor sechs Jahren, als er an der Grenze stand, um Zuflucht vor den tödlichen Bürgerkriegswirren in Ruanda zu suchen, war ihm diese Sprache noch fremd.

Das Gefühl der Fremdheit, das ihn von da bis zum heutigen Tag begleitet, ist jedoch weit mehr als ein Sprachproblem. Mazimpaka schildert einen Weg von entwürdigenden Untersuchungen am Grenzübergang bis zum Bürokratiedschungel, durch den er sich kämpfen muß, um seinen Antrag auf Asyl zu stellen. In Deutschland erlebt er Fremdenfeindlichkeit, aber auch Menschen, die ihm weiterhelfen.

Heute, sechs Jahre nach seinem Antrag auf Asyl, ist sein Fazit deprimierend. Die Behandlung seines Falles ist ausgesetzt. „Ich habe keine Zukunft, für die ich Pläne machen kann“, erzählt er. „Schließlich kann es sein, daß ich von heute auf morgen wieder zurück muß.“ Arbeiten darf der Betriebswirt, der neben seiner Muttersprache Kinyarwanda, Suaheli, Englisch, Französisch und Deutsch spricht, praktisch nicht. Denn das kann er nach der Gesetzeslage nur, wenn kein Deutscher für diese Arbeit zu finden ist.

Zwar sei er dem sicheren Tod in Ruanda entronnen und freue sich, daß er gesund sei. Doch seine unsichere Situation in Deutschland belaste ihn sehr, erklärt Mazimpaka. Das schwierige Zusammenleben im Dresdner Asylbewerberheim sei über Jahre nur schwer zu ertragen. Jedesmal wenn er seinen Bruder sehen will, der als deutscher Staatsbürger in Karlsruhe lebt, benötigt er eine Besuchserlaubnis.

Mazimpaka hat Unterstützung erfahren, z.B. durch den sächsischen Ausländerbeauftragten Heiner Sandig (CDU). Geändert hat das seine Lage nicht. Die schönste Zeit seines Lebens sieht Mazimpaka ungenutzt verstreichen. „Ich bin sowieso auf der Durchreise“, schreibt Thomas Mazimpaka in seinem Buch. „Doch wenn ich sie ausgerechnet in diesem Heim, auf diesem Bett beenden sollte, wäre mein Leben ein verlorenes Gut für mich und eine verlorene Mühe für Gott.“ Holger Spierig

Thomas Mazimpaka: „Ein Tutsi in Deutschland. Das Schicksal eines Flüchtlings“. Evangelische Verlagsanstalt Leipzig, 1997, 288 Seiten, 29,80 DM.