: Arbeiten statt zum Sozi gehen
■ Empfänger unter 27 Jahren sollen verstärkt Jobs bekommen / Wer ablehnt, kriegt keine Stütze / Wer durchhält, wird befördert
Junge Sozialhilfeempfänger, die ihre Tage im Bett oder auf der Straße verbringen, soll es in Bremen bald nicht mehr geben. Arbeitsfähige unter 27 Jahren, die Hilfe zum Lebensunterhalt beantragen, sollen ab März kommenden Jahres auf jeden Fall eine Arbeitsstelle bekommen, so das Ziel von Sozialsenatorin Tine Wischer (SPD).
Sozialämter und Beschäftigungsträger sollen verstärkt Jobs in der Altenpflege, in Kindergruppen, in der Arbeit in Bürgerhäusern oder bei der Verschönerung städtischer Grünanlagen bereitstellen. Wer keine der Stellen annimmt, kriegt keine Stütze mehr.
In Bremen beantragen jährlich bis zu 500 junge Menschen Sozialhilfe. Vor allem für sie will Wischer nun das Programm „Arbeit statt Sozialhilfe“ausbauen. Für die ersten sechs Monate soll den Kandidaten eine Stelle angeboten werden, bei der sie für eine Prämie von zwei Mark die Stunde arbeiten, die sie zur Sozialhilfe hinzuverdienen dürfen. Danach wird den Leuten eine BSHG-19-Stelle bei einem Beschäftigungsträger versprochen, bei der das Sozialamt 80 Prozent des Tariflohns bezahlt.
Bereits jetzt bietet der städtische Eigenbetrieb „Werkstatt Bremen“1.000 solcher Stellen an, 40 Millionen Mark pro Jahr läßt sich das Sozialressort diese Form der „Wiedereingliederung ins Erwerbsleben“kosten. Mittelfristig gilt es, die Zahl der Stellen verdoppeln.
„Sozialhilfeempfänger wollen arbeiten“, wendet sich Wischer gegen die verbreitete Annahme, den Stütze-Beziehern fehlten Anreize, eine Tätigkeit aufzunehmen. 4.000 Menschen hätten sich bei der „Werkstatt Bremen“nach einer Stelle in dem Programm beworben.
In Bremen beziehen 11.000 Menschen Leistungen aus der Sozialhilfe, 6.000 leben ausschließlich von der Stütze. „Wir mußten einfach jetzt handeln“, sagt Senatorin Wischer. Grund: Die Bezugszeit der Arbeitslosenhilfe sei verkürzt worden. Immer mehr junge Menschen rutschten in die Sozialhilfe.
Was die Initiative kurzfristig kostet, ist noch nicht durchgerechnet. Wischer ist aber sicher, die Kosten durch Umschichtungen in ihrem eigenen Haushalt aufbringen zu können. Denn was an Prämien oder für BSHG-19-Stellen ausgegeben wird, spart die Stadt nach den Berechnungen des Ressorts in zwei bis drei Jahren wieder ein. So finden etwa ein Viertel der Sozialhilfe-Empfänger nach dem Programm einen regulären Job. Die anderen beziehen Arbeitslosengeld und entlasten so die Kommune.
Um möglichst viele Sozialhilfeempfänger in Stellen zu vermitteln, eventuell auch im ersten Arbeitsmarkt, sollen die Sozialamts-Mitarbeiter zu sogenannten „case managern“weitergebildet werden. Sie sollten über die verschiedenen Job-Möglichkeiten informiert sein und die Fähigkeiten der Kandidaten einschätzen lernen. Auch sollen Sozialämter und Arbeitsämter besser zusammenarbeiten. Für die Vermittlung und Akquise von neuen Stellen in „zusätzlichen und gemeinnützigen“Tätigkeiten wird eine neue Agentur eingesetzt werden. Diese Aufgabe soll an die „Werkstatt Bremen“oder einen anderen Träger vergeben werden.
Problematisch dürfte dennoch die Abgrenzung sein, was denn nun „zusätzliche“Aufgaben sind, die geförderte Arbeitnehmer offiziell nur übernehmen dürfen. Kammern und Wirtschaftsverbände wachen darüber, daß die subventionierten Beschäftigungsträger regulären Firmen keine Dumping-Konkurrenz liefern. Joachim Fahrun
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