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Showdown im Tacheles verschoben

■ Geräumt wird wahrscheinlich erst nächstes Jahr. Erst klopft der Gerichtsvollzieher. Aussetzung der Zwangsvollstreckung beantragt

Die letzte Tacheles-Performance wird aus gerichtstechnischen Gründen vorerst verschoben. Zwar läuft heute die Frist zur freiwilligen Räumung der Kulturruine ab, die die Oberfinanzdirektion (OFD) den Tacheles-Betreibern gesetzt hat. „Aber an diesem Wochenende passiert garantiert gar nichts“, versicherte OFD-Sprecher Helmut John gestern.

Die OFD will das bundeseigene Grundstück für 30 Millionen Mark an die Fundus-Gruppe verkaufen. Die Verträge werden erst nach der Räumung wirksam. Verhandlungen zwischen Fundus und Tacheles waren im März endgültig gescheitert. Die OFD werde nun einen Gerichtsvollzieher mit der Räumung beauftragen, der in einigen Wochen zunächst höflich an die Tacheles-Pforten klopfen werde, so OFD-Sprecher John. Sollte auch das nicht helfen, müsse ein Termin für die polizeiliche Räumung gefunden werden. Zwar hofft John, daß das notorisch überlastete Amtsgericht das bundeseigene Grundstück in der Prioritätenliste nach oben stelle. Aber es sei fraglich, ob das Tacheles in diesem Jahr noch angetastet würde.

Sicher ist nur, daß die Tacheles- Betreiber die vor über sieben Jahren besetzte Ruine nicht freiwillig verlassen wollen. „Einer Auseinandersetzung mit der Polizei werden wir uns aber nicht stellen“, betont Bettina Hertrampf vom Vorstand. Darauf habe niemand Lust.

Anfang Oktober hatte das Landgericht den Tacheles-Verein sowie den Betreiber des Café Zapata dazu verurteilt, die von ihnen genutzten Gebäudeteile zu räumen. Zudem müssen sie alle anderen Nutzer des Gebäudes auflisten, damit die OFD auch gegen diese rechtlich vorgehen kann. Diese Liste soll morgen übergeben werden, so Hertrampf.

Im Tacheles hofft man, daß die „Untermieter“ die Räumung noch verzögern könnten. Doch John sieht darin kein Hindernis. Zwar könne es sein, daß man die anderen Nutzer auch herausklagen müsse. Sollte es aber vorher zu einer Teilräumung kommen, werde man alle vom Tacheles-Verein genutzten Räume versiegeln und vermauern. Dazu gehören nicht nur das Kino oder der Theatersaal, sondern auch die Aufgänge. So hätten die anderen Nutzer keinen Zugang mehr. Eventuelle Klagen der dann Ausgesperrten hätten kaum Aussicht auf Erfolg, so John.

Wenig Erfolgschancen dürften auch die neuesten Versuche des Tacheles haben, die Räumung noch auf dem Gerichtsweg zu verhindern. Man habe die Aussetzung der Zwangsvollstreckung beantragt, so Hertrampf. Diesen Weg hatte das Landgericht offen gelassen, allerdings nur, wenn das Tacheles 3,45 Millionen Mark als Sicherheit hinterlegt – Geld, das das Tacheles nicht hat. Auch wenn das Tacheles in Berufung geht, würde das die Räumung nicht aufschieben. Gereon Asmuth

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