Bewag mit höchstem Gewinn

■ Der Energieversorger macht 184,5 Millionen Mark Plus, baut dafür aber drastisch Beschäftigte ab. Satte Dividende für die neuen Besitzer. Wird ÖTV-Chef Kurt Lange neuer Vorstand?

Als neues Vorstandsmitglied beim Energieversorger Bewag ist der Chef der Gewerkschaft ÖTV, Kurt Lange, im Gespräch. „Da ist was dran“, heißt es aus Senatskreisen. Langes Name taucht in diesem Zusammenhang auch in einem Flugblatt des Bewag-Betriebsrates auf. Der ÖTV-Vorsitzende würde Nachfolger des bisherigen Arbeitsdirektors Michael Pagels, dessen Vertrag vorzeitig gelöst wurde. Pagels steht im Verdacht, zu billig ein Privathaus von der Baufirma Trigon gekauft zu haben, die auch die Bewagzentrale in Treptow baute.

Der einflußreiche ÖTV-Vorsitzende war in den vergangenen Jahren schon mehrmals für führende Posten bei den Wasserbetrieben, der Stadtreinigung und auch der Bewag im Gespräch. Kurt Lange selbst will sich zu den Spekulationen nicht äußern. Er sagt nur, daß es für einen Gewerkschafter „nicht despektierlich“ sei, als möglicher Bewagvorstand gehandelt zu werden. Schließlich hätten die ArbeitnehmerInnen die Mitbestimmung und das Vorschlagsrecht für Vorstandsposten „erkämpft“. In der Bewag-Belegschaft gibt es Unmut darüber, daß Lange „die Seiten wechseln“ will. Gestern wählten die Beschäftigten ihre Aufsichtsratmitglieder, die dem Vorsitzenden des Kontrollgremiums dann einen Vorschlag für Pagels Nachfolge unterbreiten werden.

Lange winkt ein gutdotierter Posten. Aus dem gestern veröffentlichten Bericht der Bewag für das Geschäftsjahr 1996/97 geht hervor, daß die Gesamtbezüge des Vorstandes um rund 300.000 Mark auf jetzt 3,4 Millionen Mark jährlich erhöht wurden. Nach der Steigerung um fast zehn Prozent im Vergleich zu 1995/96 bekommt jedes der vier Vorstandsmitglieder durchschnittlich 850.000 Mark brutto im Jahr.

Damit macht sich der Energiekonzern „schlank und fit“, wie Vorstandsvorsitzender Dietmar Winje sagte. Die Zahl der MitarbeiterInnen wurde während des vergangenen Jahres jedoch um 284 auf 9.482 reduziert. 2002 sollen nur noch 7.334 Leute auf den Lohnlisten stehen. Die Abwicklung der Arbeitsplätze erfolgt „sozialverträglich“ ohne Kündigungen, wurde mit der ÖTV vereinbart.

Im „erfolgreichsten Jahr“ seit seiner Gründung, so Winje, erwirtschaftete der Energiekonzern einen Gewinn nach Steuern von 184,5 Millionen Mark, rund 16 Millionen mehr als 1995/96. Die Gewinnsteigerung erfolgte trotz eines Rückgangs des Umsatzes. Dieser erklärt sich aus sinkendem Stromabsatz bei der siechenden Industrie und verminderten Strompreisen für Großkunden. Abnehmenden Verkauf von Fernwärme begründete Vorstand Bernd Balzereit unter anderem mit Energieeinsparung in Wohnhäusern. Die Kosten für Personal und Brennstoffe sanken allerdings stärker als der Umsatz: somit stieg der Gewinn.

72,5 Millionen Mark vom Gewinn wandern steuerfrei in die Rücklagen, die dafür genutzt werden sollen, verstärkt andere Unternehmen zu kaufen. Bis zu vier Milliarden Mark will die Bewag in den kommenden Jahren dafür ausgeben. Unter anderem bewirbt man sich um die Landesaktien an der Gasag. Der Hauptteil des Gewinns, 112 Millionen Mark, wird als Dividende an die Aktionäre ausgezahlt – vornehmlich die Konzerne Southern, PreussenElektra und Viag, die die Bewag-Mehrheit vom Land Berlin gekauft haben. Hannes Koch