Das Portrait
: Mary II.

■ Mary McAleese

Mary McAleese, die am Donnerstag gewählte neue Präsidentin der Republik Irland, ist eine katholische Fundamentalistin. Sie tritt gegen Abtreibung, Scheidung und Verhütungsmittel ein. Sie habe ihr ganzes Leben lang nur die Temperaturmethode zur Verhütung angewendet, sagt sie stolz. Sie verteidigte vehement das Ausreiseverbot für ein 14jähriges Mädchen, das nach einer Vergewaltigung schwanger geworden war und in England abtreiben wollte. Das sei „eine ziemlich primitive Rache an einem Fötus“, sagte McAleese damals. Darüber hinaus ist sie gegen ein integriertes Schulsystem in Nordirland: Katholische und protestantische Kinder gemeinsam zu erziehen, sei gefährlich, schrieb sie in der Zeitung der Redemptoristen, einer extremen katholischen Sekte. „Eine katholische Erziehung entspringt dem Verlangen“, sagte McAleese, „die Vision eines katholischen Lebensstils auch auf die Schule auszudehnen.“ Sie kritisierte Mary Robinson dafür, daß sie dem Papst bei einer Audienz unverschleiert gegenübergetreten war.

Sinn Féin, der politische Flügel der IRA, hat im Wahlkampf wiederholt für McAleese Partei ergriffen – kein Wunder bei ihrer Biographie. Die 46jährige stammt aus dem Belfaster Arbeiterviertel Ardoyne, das als Geburtsort der IRA gilt. Als sie 18 war, brach der Nordirland- Konflikt vor ihrer Haustür aus. Loyalisten brannten das Haus und die Kneipe ihrer Familie nieder, ihren taubstummen Bruder schlugen sie halbtot. Die Eltern zogen nach Rostrevor an der inner- irischen Grenze, Mary McAleese blieb in Belfast und studierte Jura an der Queen's University. Später arbeitete sie als Journalistin beim irischen Fernsehen in Dublin. 1984 gehörte sie der fünfköpfigen katholischen Bischofsdelegation beim Irland-Forum zum Konflikt im Norden an. An den geheimen Verhandlungen, die zum IRA- Waffenstillstand im Sommer führten, war sie ebenfalls maßgeblich beteiligt. Aus diesen engen Kontakten mit Sinn Féin wollte ihr die Opposition im Wahlkampf einen Strick drehen. Aber die Verleumdungskampagne brachte ihr Stimmen ein.

Sie freue sich darauf, Irland nach außen zu repräsentieren als „dynamisches, modernes, selbstbewußtes, gebildetes und komplexes“ Land. Doch McAleese steht für das Irland von gestern, als der Klerus noch das Sagen hatte. Zum Glück ist mit dem Präsidentschaftsamt in Irland keine Macht verbunden. Ralf Sotscheck