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Keine Rechtssicherheit

■ Hamburger Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Mitarbeiter eines Fixerraumes

Der Kommentar des Sprechers der Staatsanwaltschaft, Rüdiger Bagger, ist eindeutig: „Es gibt keine Rechtssicherheit für Mitarbeiter von Gesundheitsräumen, in denen Junkies Drogen konsumieren.“Während Hamburgs Generalstaatsanwalt Arno Weinert und die Behörden Fixerräume für legal halten, hält die Staatsanwaltschaft des Landgerichts „Gesundheitsräume“für „mit geltendem Recht“unvereinbar. Dieser Disput soll jetzt, so will es die Anklagebehörde, auf dem Rücken eines Sozialarbeiters ausgetragen werden.

Wie erst gestern durch eine gezielte Indiskretion aus den Reihen der Staatsanwaltschaft bekannt wurde, ermittelt die Anklagebehörde seit März gegen einen Mitarbeiter des vom Vereins „Freiraum“betriebenen Billstedter „drug mobils“. Dem Mann wird vorgeworfen, Gelegenheit zum „unbefugten Gebrauch von Drogen“geboten zu haben. Bei Verurteilung ist eine Haftstrafe von bis zu fünf Jahren möglich. Im Klartext: Jeder Mitarbeiter eines Gesundheitsraumes steht mit einem Bein im Knast.

Mehrfach hatten zuvor die Spitzen aus Justiz- und Innenbehörde versucht, das laufende Verfahren „abzubiegen“. Justizsenator Wolfgang Hoffmann-Riem holte ein Rechtsgutachten ein, nach dem Fixerräume legal sind. Die rot-grüne Koalitionscombo beschloß erst vergangene Woche die Einrichtung neuer Räumlichkeiten, in denen sich Junkies unter Aufsicht einen Schuß setzen können.

„Die Einrichtungen handeln nicht gesetzeswidrig“, hatte SPD-Unterhändler Jörg Kuhbier noch vorigen Donnerstag im Brustton der Überzeugung verkündet. Doch die Hamburger Ankläger um Oberstaatsanwalt Erwin Grosse wollen sich weder durch Gutachter noch politische Beschlüsse von ihrer Meinung abbringen lassen. Grosse: „Wir müssen uns an die Gesetze halten.

Für Rainer Schmidt, Vorstandsmitglied von „Freiräume“sind die Ermittlungen gegen den Drogen-Pägdagogen eine Idee „von Rechtsdogmatikern, die an der Realität völlig vorbeigeht“. „Wenn die Staatsanwaltschaft schon unbedingt ermitteln will“, so Schmidt, „dann soll sie sich an die Verantwortlichen des Vereins wenden, und nicht einen Mitarbeiter auf die Anklagebank setzen, der nur seine Arbeit tut“. Marco Carini

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