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Der Hunni für die Uni ist vom Tisch

■ 100 Mark Einschreibgebühr sind vorerst zurückgenommen / Studi-Proteste stimmte SPD-Fraktion um / Auch CDU will nicht im Alleingang Gebühren einführen / Demo mit 2.000 TeilnehmerInnen

Der Protest der Bremer StudentInnen hat sich gelohnt: Die geplanten Einschreibgebühren von 100 Mark pro Semester sind erstmal vom Tisch. Gestern hat die SPD-Fraktion den Antrag, keine Einschreibgebühren einzuführen, einstimmig angenommen. Auch die CDU will die Gebühren zur Zeit nicht durchsetzen. Wo ein Ersatz für die bereits im Wissenschaftshaushalt für 1998 und 1999 eingeplanten Einnahmen von 6,75 Millionen Mark herkommen soll, darüber gibt es Streit in der Koalition.

Das entstehende Defizit soll gemäß SPD auf alle acht Senatsressorts verteilt werden. Elisabeth Motschmann, bildungspolitische Sprecherin der CDU, hält das An-sinnen der SPD jedoch für nicht konsensfähig: „Kahrs muß die Summe aus ihrem eigenen Haushalt aufbringen“. Sie hält an ihrem bisherigen Statement fest: „Wir führen Einschreibgebühren nur dann ein, wenn es Niedersachsen tut, oder im Alleingang, wenn andere Bundesländer es tun, die uns entlasten“.

Das heißt: Sollte sich das Gros der für den Länderfinanzausgleich spendenden Länder für eine Einschreibgebühr entscheiden, wäre Bremens CDU auch ohne Niedersachsen dabei. In Hannover will man das konfliktträchtige Thema vorerst ruhen lassen, nachdem die Landesregierung mit ihrem Gebührenplan im Landtag am Nein der SPD gescheitert war.

Der Meinungsumschwung der Bremer SPD hatte sich schon vor der Fraktionsklausur zur Haushaltsberatung angedeutet. SPD-Frau Berk hatte schon auf einer Podiumsdiskussion der Bremer Studentenvertretungen am Mittwoch abend angekündigt, einen Antrag gegen die Einschreibgebühren stellen zu wollen. Schließlich ging der Vorschlag durch. „Einstimmig“, freute sich Berk.

Auch Bringfriede Kahrs, die Wissenschaftssenatorin, hat für den Antrag gestimmt. Dabei hatte sie am Abend zuvor noch ganz anders gesprochen. Auf den Podiumsdiskussionen der Asten im Konsul Hackfeld-Haus und einer weiteren des Rings Christdemokratischer Studenten (RCDS) im Konrad-Adenauer-Haus hatte Kahrs mehrfach betont: „Es gibt keinen anderen Weg als die Einschreibgebühr. Wir müssen die sechs Millionen für 98/99 irgendwie aufbringen, sonst müssen wir Abstriche bei der Ausbildungsqualität machen. Und das ist für die Studierenden noch viel schlimmer“.

Am nächsten Tag hätte Senatorin Kahrs den Fraktionsbeschluß der SPD aber gern selbst den 2.000 StudentInnen verkündet, die am Mittag vor dem Rathaus demonstrierten. Doch diese Ehre wollte man ihr nicht zukommen lassen. „Die lassen mich nicht rauf, das ist ein Unding. Früher hätte man die Verantwortlichen rauf gebeten“, beschwerte sich Kahrs.

Annette Volkens, Vorsitzende des Hochschul-AStA, verbreitete die frohe Botschaft stattdessen lieber selbst. Anstatt sich den Wind aus den Segeln nehmen zu lassen, demonstrierten die Studis weiter. Auch die Ungleichbehandlung von ausländischen Studierenden, Sozialabbau und das immer schlechter werdende Bildungssystem waren Protestthemen. „Das Elend fängt schon lange vor der Uni an“, so Ina Rengstorf von der Gesamtschülervertretung.

Die StudentInnen bleiben mißtrauisch: „Die Einschreibgebühr ist kurzfristig vom Tisch, in ein bis zwei Jahren, nach den nächsten Wahlen, stellt sich das Problem wieder“, so Lorenz Matzat vom Uni-Asta. Geraldine Friedrich

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