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Der Irak lanciert neue Störmanöver

Nach Angaben der UNO wurde militärisches Material versteckt und Überwachungsgerät manipuliert. Die Regierung in Bagdad behauptet, nur Ausrüstung vor möglichen Angriffen in Sicherheit gebracht zu haben  ■ Aus Genf Andreas Zumach

Der Irak hat im Konflikt mit den Vereinten Nationen über die Tätigkeit der Rüstungskontrolleure gestern neue Störmanöver gestartet. In einem Bericht an den Weltsicherheitsrat warf der Chef der entsprechenden UNO-Sonderkommission (Unscom), Richard Butler, Bagdad neue „Manipulationen“ und andere Maßnahmen zur Geheimhaltung verbotener Rüstungsaktivitäten vor.

Laut Butler haben die Iraker in den letzten Tagen in mehreren Anlagen „Überwachungskameras der Rüstungskontrolleure zerstört oder manipuliert sowie militärische Geräte und Technik aus dem Blinkwinkel der Kameras gebracht“. Solches Material darf nach den Vereinbarungen zwischen der irakischen Regierung und der UNO nur mit Genehmigung der Unscom bewegt werden. Dies sei ein „klarer Verstoß gegen UNO-Resolution 687“, so Butler. Mit der Resolution 687 war am 3. April 1991 der Waffenstillstand im Golfkrieg besiegelt worden.

Iraks Außenminister Mohammad Saed el Sahaf wies Butlers Vorwürfe zurück. Es sei lediglich „einiges Material vor etwaigen amerikanischen Luftangriffen in Sicherheit gebracht“ worden. Das „Material“ solle zurückgebracht werden, wovon sich die UNO später überzeugen könne. Die Zerstörung einer Kamera erklärte der Außenminister mit der „Explosion eines Triebwerks für eine Kurzstreckenrakete, die nicht unter das Rüstungsverbot fällt“. Seine Regierung habe die Unscom über den Zwischenfall informiert.

Zur Überwachung von Anlagen und Objekten, die sowohl militärisch als auch zivil genutzt werden können, hat die Unscom im Irak insgesamt 120 Spezielkameras installiert. „Kameras wurden zerstört und manipuliert, Objektive abgedeckt und Blitzlichter vor den Kameras gezündet“, heißt es in Butlers Bericht an den Sicherheitsrat. Zwei der Anlagen, die auf diese Weise in den letzten Tagen jeglicher Überwachung durch die Unscom entzogen wurden, sind nach Darstellung Butlers besonders brisant. In einer könnten „innerhalb weniger Stunden biologische Kampfstoffe hergestellt werden“, in der anderen werden Raketen auf ihre Stabilität getestet. Beide Anlagen sollten Anfang dieser Woche von Unscom-Inspektoren kontrolliert werden. Die Kontrollen wurden jedoch verhindert, weil die irakischen Wachposten die US-Mitglieder der Inspektionsteams zurückwiesen. Daraufhin zogen sich beide Teams unter Protest zurück. Auch am Donnerstag wurden auf diese Weise drei Inspektionen verhindert.

Bagdad verlangt die Ausreise aller zehn US-amerikanischen Inspekteure unter den insgesamt 120 Unscom-Mitarbeitern im Irak. Ein zunächst auf Mittwoch abend befristetes Ausreiseultimatum wurde zunächst bis zur Abreise der dreiköpfigen UNO-Delegation ausgesetzt, die für das kommende Wochenende geplant ist. Die Delegation hat den Auftrag, Bagdad zur vollständigen Rücknahme der Ausreiseverfügung zu bewegen. Ihre gestrige zweite Begegnung mit dem stellvertretendem Regierungschef Tarik Asis und anderen Kabinettsmitgliedern brachte jedoch zunächst keine erkennbaren Fortschritte.

Die USA verstärkten unterdessen ihre Kampfbomberflotte auf dem südtürkischen Luftwaffenstützpunkt Incirlik und ersuchten die Regierung in Ankara um die Genehmigung für eine eventuelle Nutzung des Stützpunkts zu Luftangriffen auf Irak. Der türkische Minister Mesut Yilmaz macht die Genehmigung von einer vorherigen Entscheidung des Sicherheitsrats abhängig.

Nach bisherigen Planungen will der Rat zunächst die Rückkehr der in den Irak entsandten Delegation nach New York abwarten und frühestens am nächsten Montag erneut über die Lage vor Ort beraten. Das Verteidigungsministerium in Washington bestätigte unterdessen die Verstärkung der in Incirlik stationierten US-Luftwaffeneinheit um zehn Kampfbomber.

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