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Minenräumung als Zukunftsmarkt

■ Zuerst produzieren sie die Minen, und dann entwickeln sie Maschinen zu ihrer Räumung. Für die Rüstungsfirmen hat die Kampagne für ein Verbot von Landminen durchaus positive Seiten Von Annette Jensen

Minenräumung als Zukunftsmarkt

„Die Frage der Minenräumung muß höchste Priorität erhalten. Ich werde mich trotz bestehender Haushaltszwänge dafür einsetzen, daß das deutsche Engagement in den nächsten Jahren noch verstärkt wird.“ So sprach Außenminister Klaus Kinkel im Sommer 1996. Doch die Realität ist weit davon entfernt. Im kommenden Budget des Auswärtigen Amts sind, genau wie in diesem Jahr, gerade einmal 13 Millionen Mark für zivile Minenräumung vorgesehen. „Elf Anträge mußten überwiegend wegen fehlender Haushaltsmittel abgelehnt werden“, bestätigt Werner Hoyer, Staatsminister im Auswärtigen Amt.

1996 hatten immerhin noch 18 Millionen Mark zur Verfügung gestanden. Und um das Geld diesmal überhaupt zusammenzubekommen, hat Kinkel in den Bereichen Demokratisierungshilfe und Feuerwehrfonds für Notfälle gewildert. Kommende Woche soll darüber gesprochen werden, nach welchen Kriterien die Mittel fürs nächste Jahr verteilt werden.

Der Verteidigungsausschuß berät dagegen gerade über weitaus höhere Summen. 99,1 Millionen Mark sind 1998 für die Forschung, Entwicklung, Erprobung und Beschaffung von Landminen sowie für militärische Minenräumung vorgesehen. Allein die Anschaffung des Räumpanzers „Keiler“ aus dem Hause Rheinmetall soll 43 Millionen Mark kosten. Für zivile Nutzung ist das schwere Gerät nicht zu gebrauchen: Der „Keiler“ kann nur Schneisen in vermintes Gebiet schlagen und zerstört zudem nur 98 Prozent der Explosionskörper, räumt auch das Verteidigungsministerium ein.

Die Bündnisgrünen im Bundestag haben nun einen Antrag eingebracht, der die Kampagne von Medico und anderen Hilfsorganisationen unterstützt: Der gesamte Etat für militärische Minen soll ersatzlos gestrichen und das freiwerdende Geld in einen Hilfsfonds eingezahlt werden. Diesen sollen die humanitären Vereine verwalten, die sich in Angola, Kambodscha, Afghanistan, Kurdistan, Guatemala und anderen verseuchten Ländern engagieren.

Die CDU/CSU-Fraktion hat erwartungsgemäß bereits Abwehr signalisiert. „Es ist nicht legitim, ständig die Verteidigung gegen den sozialen Bereich aufzurechnen“, kolportiert der Mitarbeiter des Abgeordneten Friedbert Pflüger, der sowohl im auswärtigen als auch im verteidigungspolitischen Ausschuß sitzt, die Meinung seines Chefs. Zudem sei der Wehretat für Landminen seit 1994 um 90 Prozent gekürzt worden. Und schließlich beteilige sich die Bundesrepublik ja auch noch mit etwa 33 Millionen Mark an EU-Programmen.

Tatsächlich hat die EU einen 80-Millionen-Mark-Fonds für internationale Minenräumung eingerichtet. Und auch bei der UNO gibt es einen Treuhandfonds, der 50 Millionen Mark zur Verfügung stellt. Dieser Geldsegen hat vor allem große Rüstungsfirmen angezogen – für viele gilt Minenräumung als lukrativer Zukunftsmarkt. Nicht nur die deutschen Firmen Diehl und Rheinmetall versuchen einen Teil des Geldes abzubekommen. Auch die südafrikanische Rüstungsschmiede Armscor, deren Minen fast flächendeckend in mehreren Nachbarländern verteilt sind, sieht hier ein gutes Geschäft. Mit von der Partie sind auch der französische Minenhersteller Thomson sowie Bofors aus Schweden. Doch die von diesen Firmen entwickelten schweren Maschinen, meist umgebaute Panzer, sind nicht nur extrem teuer. Sie sind auch nur für ein Fünftel der verminten Flächen geeignet, meinen Experten. Kritiker fürchten außerdem, daß die Firmen die öffentlich geförderte Forschung dazu nutzen könnten, die weiter von ihnen produzierten Minen räumungsresistenter zu machen.

Die zum Daimler-Konzern gehörende Firma Dornier hat erst kürzlich 20 Millionen Mark von der EU kassiert, um eine Machbarkeitsstudie zur Entwicklung von High-Tech-Verfahren zur Minenortung zu erstellen. Daran mitgewirkt hat der ehemalige Hamburger Senator Alfons Pawelczyk von der SPD, der sich inzwischen als Lobbyist für Rüstungsfragen bei Daimler verdingt. Auch der Genosse Rolf Linkohr, der im Europaparlament sitzt, war dem Projekt gewogen und sorgte dafür, daß ein Dornier-Vertreter nach Straßburg eingeladen wurde und das Projekt vorstellen durfte.

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