Clinton fordert mehr Toleranz für Homos

■ Zum ersten Mal sprach ein amtierender US-Präsident auf dem Galadiner eines Homosexuellenverbandes. Doch in der Vergangenheit folgten auf seine Versprechungen für Schwule und Lesben oftmals nur Rückz

Washington (wps/AFP/dpa) – Mit unerwarteter Deutlichkeit hat US-Präsident Bill Clinton am Samstag die amerikanische Öffentlichkeit zu mehr Toleranz und Akzeptanz gegenüber Schwulen und Lesben aufgefordert. Als Ehrengast und Hauptredner eines Galadiners des Homosexuellenverbandes „Human Right Campaign“ (HRC), sagte Clinton in Washington, wenn ein geeintes Amerika aufgebaut werden solle, dann gehörten alle Amerikaner, auch die Homosexuellen, dazu. Er strebe ein Land an, in dem die Menschen ungeachtet aller Unterschiede zusammenleben könnten, erklärte der Präsident weiter vor den 1.500 Gästen. Noch sei das „eine Amerika“ ein Ideal, doch die Aktivisten sollten weiter gegen die Diskriminierung Homosexueller kämpfen.

Mit Spannung war der erste Auftritt eines amtierenden US- Präsidenten auf einer Veranstaltung eines großen Homosexuellenverbandes erwartet worden. Die Präsidentin der HRC, Elizabeth Birch, sagte, die Anwesenheit des Präsidenten unterstreiche das Streben vieler im Lande, gleiche Rechte für alle Gesellschaftsgruppen zu verwirklichen. In der HRC sind rund 200.000 Menschen organisiert.

Dennoch war das Erscheinen des Präsidenten nicht unumstritten. Im Vorfeld der Gala hatten mehrere konservative und christlich-fundamentalistische Gruppen Clinton vorgeworfen, er versuche, bei den Schwulen- und Lesben-Organisationen um Wahlkampfspenden zu werben. Auch während der Veranstaltung am Samstag zeigte eine Handvoll konservativer Demonstranten vor dem Gebäude Plakate mit Aufschriften wie „Es ist nicht natürlich!“ und „Niemand muß schwul sein!“.

Umstritten ist jedoch, ob die Worte Clintons auch eine praktische Umsetzung finden. Schon mehrere öffentliche Versprechen des Präsidenten, gerichtet an Schwule und Lesben, waren nach heftigen öffentlichen und politischen Grabenkämpfen gescheitert. So hatte Clinton im Präsidentschaftswahlkampf 1992 Sympathien gewonnen, als er versprach, Homosexualität in den Streitkräften zu legalisieren. Nach Protesten aus der Armeeführung und von Veteranen hatte er damals der Legalisierung eine Politik der stillschweigenden Akzeptanz vorgezogen. Im vergangenen Jahr zog sich Clinton den Zorn vieler Schwuler und Lesben zu, als er ein Gesetz unterschrieb, das homosexuellen Lebensgemeinschaften die ehelichen Rechte verweigert. Gleichzeitig hat der US-Präsident im knapp fünfjährigen Verlauf seiner Amtszeit mehr als 100 offen Homosexuelle in hohe Verwaltungsämter berufen.