: Aktivisten für Kurdistan-Frieden vor Gericht
■ Prozeß gegen die „Musa Anter“-Friedensdelegation in der Türkei begonnen und vertagt
Istanbul (dpa/taz) – Vor dem Amtsgericht des Istanbuler Bezirks Sisli hat gestern der Prozeß gegen neun deutsche, einen italienischen und drei türkische Friedensaktivisten begonnen – und wurde auf den 11. Dezember vertagt. Die Angeklagten hatten sich zum Prozeßbeginn extra wieder in der Türkei eingefunden. Sie werden beschuldigt, Anfang September bei einer Aktion unter der Bezeichnung „Friedensdelegation Musa Anter“, die für eine friedliche Lösung des Konflikts in den türkischen Kurdengebieten eintrat, gegen die türkischen Versammlungs- und Demonstrationsgesetze verstoßen zu haben.
Die Verhandlung mit der Anhörung der Polizisten begann mit einer Verzögerung, nachdem die Angeklagten auf Spruchbändern gegen ihre Festnahme protestiert hatten. Daraufhin war der Gerichtssaal vorübergehend geräumt worden. Ohnehin war der Saal viel zu klein gewählt – rund 150 Interessierte und Journalisten hatten auf dem Gang warten müssen.
Die Angeklagten und andere Aktivisten aus Europa waren Ende August in die Türkei gereist, um am Weltfriedenstag am 1. September in Südostanatolien für eine friedliche Lösung des Kurdenproblems zu demonstrieren. Ursprünglich hatten sie mit einem europaweiten „Friedenszug“ reisen wollen, doch hatte ihnen die Deutsche Bahn AG den Vertrag gekündigt, nachdem die Bundesregierung die Durchreise verweigert hatte.
Die türkischen Sicherheitsbehörden verhinderten teilweise unter Einsatz von Gewalt die Aktion in den Kurdenregionen ebenso wie später in der Hauptstadt Ankara. In Istanbul ging die Polizei hart gegen die Delegation vor, um eine Pressekonferenz zu unterbinden. Dabei waren mehrere Personen verletzt worden.
Der Sprecher der nach einem 1992 ermordeten kurdischen Journalisten und Schriftsteller benannten „Friedensdelegation Musa Anter“, Knut Rauchfuß, sagte, er sei mit den Angeklagten am vergangenen Freitag problemlos in die Türkei eingereist. Staatspräsident Süleyman Demirel sei inzwischen in einem Brief dazu aufgefordert worden, den Kurdenkonflikt politisch zu lösen, alle politischen Gefangenen freizulassen und die Menschenrechte zu achten.
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