: Nigerias Diktator löst Regierung auf
■ Staatschef Sani Abacha kündigt in einer Ansprache zum Jahrestag des Putsches die Freilassung einiger politischer Gefangener an
Abuja/Berlin (AFP/taz) – Am vierten Jahrestag seines Militärputsches hat Nigerias Staatschef Sani Abacha am Montag die Regierung aufgelöst und eine Teilamnestie für politische Gefangene verkündet. In einer Rundfunkansprache begründete er die Entlassung des Kabinetts mit dem Wunsch einiger Minister, sich im Vorfeld des geplanten Übergangs zu einer Zivilregierung am 1.Oktober 1998 politisch betätigen zu können. Für die verbleibende Zeit will Abacha ein geschäftsführendes Kabinett berufen.
Im verbleibenden Jahr vor der geplanten Rückkehr der Zivilisten an die Macht stehe Nigeria vor einer „entscheidenden Phase der Umsetzung des Übergangsprogramms“, sagte Abacha und fügte hinzu: „Wir sollten eifrig beten, daß wir diese letzten Meilen des letzten Jahres dieser Regierung mit steten und entschlossenen Schritten gehen dürfen, so daß unsere Nation am 1. Oktober 1998 die erste Phase der stillen Revolution erfolgreich abschließen kann.“
Mit dem Hinweis, seiner Militärregierung sei in den vergangenen Jahren die Wiederherstellung von Ruhe und Ordnung weitgehend gelungen, kündigte Abacha eine Teilamnestie für politische Gefangene an. Auf freien Fuß gesetzt werden sollten „diejenigen Häftlinge, deren Freilassung keine weitere Gefährdung für den Frieden und die Sicherheit in diesem Land darstellt“.
Namen nannte Abacha allerdings noch nicht. Die Regierung, sagte er, habe alle Fälle politischer Gefangener überprüft und dabei auch „Appelle wohlmeinender Nigerianer“ berücksichtigt. In seiner Rede verwahrte der Militärmachthaber sich gegen Forderungen aus dem Ausland nach Achtung der Menschenrechte, die er als Einmischung in die inneren Angelegenheiten des Landes bezeichnete. Es gebe eine „wachsende Tendenz bei einigen Mitgliedern der internationalen Gemeinschaft“, Entwicklungsländern die „Nichtbeachtung dessen, was sie unter Menschenrechten verstehen, vorzuhalten“. Auch die nigerianische Presse verwarnte Abacha.
Nach dem Zeitplan der Militärregierung sollen im August 1998 Wahlen stattfinden und die Macht am 1.Oktober 1998 an eine gewählte Regierung übergehen. Fünf Parteien sind in Nigeria legal, darunter allerdings keine oppositionelle Gruppierung. Allgemein wird erwartet, daß Abacha bei den Präsidentschaftswahlen selbst antreten wird. Eine entsprechende Aufforderung hatten drei der fünf Parteien Ende letzter Woche an den Juntachef gerichtet.
Keine der politischen Parteien hat bisher auch nur den Versuch gemacht, selbst einen glaubwürdigen Präsidentschaftskandidaten aufzubauen. Der geltenden Übergangsverfassung nach muß ein Präsidentschaftskandidat zwar Mitglied einer Partei sein, aber ein führendes Mitglied des staatlichen Übergangsrates TIC sagte kürzlich, er werde Abacha auch als unabhängigen Kandidaten unterstützen. „Es wäre in Ordnung, wenn diejenigen, die an einer Präsidentschaftskandidatur des Staatsoberhauptes interessiert sind, sich nun beeilen, zu einer Änderung der Verfassung aufzurufen, so daß er dann auch legal antreten kann“, sagte TIC-Mitglied Alhaji Hassan Yussuf der regierungsnahen Zeitung Today.D.J.
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