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Bauern gegen Enteignung

■ Schlechte Chancen für den geplanten Messeneubau vor den Toren Stuttgarts

Stuttgart (taz/AP) – Für die geplante Messe neben dem Stuttgarter Flughafen sieht es schlecht aus. In einem Gutachten bescheinigt der Rechtsanwalt und frühere Präsident des Landeskriminalamts, Ralf Krüger, den GegnerInnen des Projekts hervorragende Chancen vor Gericht. Gestern präsentierte der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) das Papier in Stuttgart. Es geht um die Enteignung mehrerer Bauern in Leinfelden-Echterdingen, die sich bisher geweigert haben, ihre Felder zu verkaufen. Auch die Gemeindevertretung wehrt sich gegen das Großprojekt.

Der baden-württembergische Ministerpräsident Erwin Teufel hatte angekündigt, notfalls ein Maßnahmegesetz durch den Landtag zu bringen und so an die Weiden und Äcker zu kommen. „Das ist ein Bankrott der Politik, nachdem die Landesregierung weder mit politischem Druck noch mit Geld das Projekt hat durchsetzen können“, kommentierte gestern Klaus Amler vom Nabu.

Für Enteignungen durch ein Maßnahmegesetz hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil zur einstmals in Boxberg geplanten Daimler-Autoteststrecke Kriterien vorgegeben: Zum einen muß das Vorhaben auf Dauer dem „Allgemeinwohl“ dienen. „Das aber ist bei einer auf Gewinn orientierten Messe wohl kaum der Fall“, so Amler. Die baden-württembergische Verfassung stützt diese Position. Dort ist „Allgemeinwohl“ beschränkt auf Projekte aus wenigen Bereichen wie Kultur, Bildung, Umweltschutz, Wohlfahrt und Verkehr.

Für die rund 125 betroffenen Grundbesitzer kündigte der Landwirt Fritz Auch-Schwarz von der Schutzgemeinschaft Filder an, daß sich die meisten Privateigentümer dem Enteignungsdruck nicht beugen und bei Bedarf vor Gericht kämpfen wollten.

Die Befürworter des Projekts argumentieren, kein anderer Messestandort in Deutschland könne eine derartig ideale Lage und Verkehrsanbindung aufweisen. Die Landesregierung, die Stadt und die Region Stuttgart sowie die Industrie- und Handelskammer wollen den Bau möglichst im Jahr 2000 begonnen sehen. Ihren Angaben zufolge könnten bis zu 20.000 Arbeitsplätze gesichert werden oder im Dienstleistungsbereich neu entstehen.

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