Antifeministische Plumpheiten

■ betr.: „Gurke des Tages“ (Auto nome Sonntagsmänner), taz vom 6.11. 97

Das Problem ist immer weniger Wiglaf Droste selbst. Er wäre nicht Satiriker, wenn seine „Umstrittenheit“ ihm nicht als Orden vorkäme. Problematisch aber ist, daß Tucholskys „Satire darf alles“ zum Schutzschild gegen inhaltliche Kritik verkehrt wird und Possenreißer, die die falschen Witze am falschen Ort machen, sich's im schenkelklopfenden gesellschaftlichen Mainstream gemütlich machen können, statt sich auseinanderzusetzen. Und problematisch ist, daß offenbar nirgendwo mehr Raum ist, über die antifeministischen Plumpheiten zu reden, weil schon die Ankündigungen zu Droste-Lesungen nicht mehr von dessen Texten handeln, sondern immer schon in dem Tenor gehalten sind, „liebe Hysterikerinnen, bleibt doch zu Hause und nervt hier nicht rum“ oder eben „kommt doch bitte, damit wir was zu lachen haben“. Klar, daß auf der taz-Wahrheit-Seite nicht die Wahrheit steht (sonst wäre es nicht die Wahrheit-Seite), zumal auch Droste selbst sie vollmacht und seine zweifelhafte Parteilichkeit ja gerade auch Gegenstand des Streits ist.

Über autonome Aktionsformen ließe sich sicherlich auch streiten, die Akteure in 42 Zeilen gleich als „Wachschutz“, „Provinzblockwarte“, „,Droste aufs Maul!‘-Helden“ und „Hilfspolizisten“ zu bezeichnen, ist aber doch wohl ein bißchen dick aufgetragen und verhindert nicht zuletzt auch diesen Streit. Erst recht, wenn diesen nichtmals durchgeknallten, sondern anscheinend eher als oberspießig Wahrgenommenen so was seriöses wie ein „Dichter“ und „Schriftsteller“ entgegengestellt wird? Was ist denn, wenn diese Leute ihre Sätze gar nicht „akkurat auswendig gelernt“ hatten, sondern tatsächlich Opfer sexuellen Mißbrauchs waren, die sich wehren, daß über sie auch noch gelacht wird? Sie sind eben in der Minderheit, die Lesung im „überfüllten ,Gleis 22‘“ beweist es. [...] Jens Petz Kastner, Münster