: Allianz versucht's mit Nouvelle Cuisine
Deutschlands größte Versicherung kauft die Assurances Générales de France und drängt so weltweit an die Spitze. Kaufpreis liegt bei neun Milliarden Mark, italienischer Konzern Generali hat das Nachsehen ■ Von Reiner Metzger
Berlin (taz) – Die Allianz AG kauft den zweitgrößten französischen Versicherungskonzern auf. Im Reigen der großen Fusionen im Finanzgeschäft hat sie der Assurances Générales de France (AGF) ein Angebot gemacht, das deren Aktionäre wohl nicht ablehnen werden: Die Allianz bietet laut eigenen Angaben vom Montag abend 320 Franc pro Aktie – bei einem derzeitigen Börsenkurs von knapp 298 Franc.
Die gesamte AGF würde die Münchner 18 Milliarden Mark kosten. Die Allianz wäre aber schon mit 51 Prozent zufrieden. Den Rest der Aktien sähe sie am liebsten auf viele Aktionäre verteilt. Dann müßte sie nur die Hälfte des AGF- Kaufpreises bezahlen und hätte trotzdem das Sagen: Die zersplitterten Aktionäre werden sich kaum gegen den Mehrheitsaktionär durchsetzen können.
Auch dem Management der AGF ist diese Offerte hochwillkommen. Sie haben gerade eine feindliche Übernahme am Hals: Die italienische Generali-Versicherung bietet den Aktionären 300 Franc für eine Aktie. Die Chefs der AGF fürchten jedoch, unter der Fuchtel der Generali mehr an Selbstständigkeit einzubüßen. Deshalb forderten sie gestern die Aktionäre auf, das Allianz-Angebot anzunehmen.
Selbst wenn die Allianz wie beabsichtigt nur 51 Prozent der Aktien kauft, kostet sie das gut neun Milliarden Mark. Allianz-Chef Henning Schulte-Noelle sagte, der Konzern könne sich mit der Übernahme besser auf den Euro und die Entwicklung auf den weltweiten Versicherungsmärkten vorbereiten. Nicht nur in Frankreich, sonden auch in einigen anderen europäischen Ländern ist der Allianz- AGF-Konzern damit einer der wichtigsten Mitspieler im Wettbewerb um die Milliarden der Anleger. Der Unternehmenswert an der Börse profitiert, und der Gewinn je Aktie steigt laut Schulte- Noelle durch Einsparungen um acht Prozent bis zum Jahr 2000. Die Beitragseinnahmen der Allianz sieht der Konzern durch die AGF-Übernahme von 75 Milliarden auf rund 110 Milliarden Mark steigen. Die Kapitalanlagen nähmen um 130 Milliarden auf 480 Milliarden Mark zu. Derzeit rangieren die Münchener nach Branchenangaben international auf Platz drei hinter dem französischen Konzern UAP/Axa und der japanischen Nippon Life. Mit dem Coup kämpft die Allianz jetzt um Platz eins. Im verwalteten Vermögen bleibt das UAP/Axa-Konglomerat aber mit knapp 700 Milliarden Mark eindeutig Spitze. Mit dem AGF-Kauf hat die Allianz wieder einmal die Nase vorn. Verschiedene deutsche Finanzkonzerne wie die Deutsche Bank bemühen sich derzeit, ihr Geschäft durch Fusionen oder Aufkäufe zu verbreitern. Die Allianz besitzt in Deutschland Minderheitsbeteiligungen an zahlreichen Industriekonzernen, Anteile an der Dresdner und der Deutschen Bank sowie dem neuen Riesen Bayerische Hypo/Vereinsbank. Sie ist über Kreuz (je 25 Prozent) mit der ebenfalls weltweit bedeutenden Münchner Rückversicherung verflochten. Weltweit gehören der Allianz AG allein im Versicherungsbereich über 350 Tochtergesellschaften und Beteiligungen.
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