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Ost-Studierende in der Boykottlethargie

■ Die Studienbedingungen seien in den neuen Bundesländern noch gut

Potsdam (taz) – Die Studierenden aus den neuen Bundesländern melden sich zu Wort. Auf einem Treffen von Studentenvertretern verschiedener Ost-Hochschulen in Potsdam wurde eine gemeinsame Stellungnahme zur geplanten Novelle des Hochschulrahmengesetzes (HRG) erarbeitet.

Während Studierende in Gießen, Marburg und Bonn die Vorlesungen boykottierten, begnügte man sich in Halle und Leipzig mit Solidaritätserklärungen. Ausnahme: die Studierenden der Pädagogischen Hochschule in Jena, die seit einer Woche öffentliche Protestaktionen organisieren. Selbst die Ostberliner Humboldt- Uni (HU), die in den letzten Jahren eher eine Vorreiterrolle eingenommen hatte, schließt sich diesmal eher zögerlich den Protesten an. „Leute, die schon zwei Streiks hinter sich haben, wollen jetzt erst einmal ihre Scheine nachmachen“, begründete Axel die ostdeutsche Zurückhaltung. Man habe die Zeit der großen Proteste bereits hinter sich, sagt der Studentenvertreter aus Halle. „Gegen die Abwicklungspolitik nach 1990 hatte es in Halle, Leipzig und Berlin riesige Proteste gegeben, Mahnwachen waren monatelang durchgehalten worden“, sagte der Student. All diese Aktionen wären aber letztendlich erfolglos geblieben. Daher herrsche nun Lethargie statt Aufruhr.

Ein anderer Grund für die geringen Proteste sind die Studienbedingungen an ostdeutschen Universitäten. „Bei uns gibt es keine überfüllten Hörsäle", sagt Ringo, Studentenvertreter der Universität Freiberg in Sachsen. Vielmehr sei geradezu ein Mangel an Studenten zu verzeichnen. Dennoch weiß man, daß die Prognossen auch für die neuen Bundesländer deutlich steigende Studentenzahlen voraussagen. „Den meisten Studis ist noch nicht klar, daß die Probleme, die man jetzt in Hessen hat, uns auch bevorstehen“, sagt Michael von der Uni Potsdam. Die drohenden Kürzungen beim Bafög hätten in den neuen Bundesländern schon jetzt eine besondere Brisanz, da dort etwa doppelt so viele Studenten zuschußabhängig sind wie im Westen.

In ihrer HRG-Stellungnahme fordern sie demokratische Mindeststandards für die Hochschulen und ein generelles Verbot von Studiengebühren: „Studiengebühren sind Peanuts für den Uni-Haushalt“, sagt Florian, von der Uni Potsdam. Sie dienten lediglich zur Abschreckung. Statt dessen fordern die Studentenvertreter durch eine Bafög-Reform die soziale Chancengleichheit wiederherzustellen. Anstelle von neuen Bachalor- und Master-Studiengängen gelte es die Qualität der bestehenden Abschlüsse zu verbessern. Auch Privatisierungskonzepten und den Vorschlägen zu einer Industrieanbindung der Hochschulen erteilen die Studi-Vertreter eine Absage: „Anstelle eines Konzepts, das die Hochschule nur noch als wirtschaftlichen Standortfaktor begreift, wollen wir eine Universität, die in der Gesellschaft verankert ist“, heißt es in der Erklärung zum HRG. Noel Rademacher

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