Kohl und Merkel streiten für das Klima in Kioto

Umweltministerin unterschreibt nur Vertrag mit Reduzierungsziel. Kohl will Geldstrafen für Klimasünder  ■ Von Hermann-J. Tenhagen

Berlin (taz) – Kurz vor dem Klimagipfel im japanischen Kioto hat die Bundesregierung harte Verhandlungen angekündigt. Umweltministerin Angela Merkel will bei der heute beginnenden Konferenz nur Vereinbarungen unterschreiben, die eine Verringerung der Kohlendioxidemissionen der Industrieländer vorsehen. „Ich fahre dahin, um für das bestmögliche Ergebnis zu kämpfen. Ein Resultat, daß keine Reduktion beinhaltet, wäre für mich nicht unterschriftsreif“, sagte sie im Radio.

Keine Reduktion, eben das hatten die USA in den vergangenen Wochen gefordert. Der US-Vorschlag für Kioto sieht vor, den klimaschädlichen Ausstoß an Kohlendioxid bis zum Zeitraum 2008–2012 nur auf das Niveau des Jahres 1990 zu bringen und nicht zu vermindern. Der US-Vorstoß wird von Australien, Kanada und Neuseeland unterstützt. Die USA sind als mit Abstand größter Klimasünder für 22 Prozent der gesamten Kohlendioxidemissionen verantwortlich.

Ähnlich wie seine Ministerin Merkel hatte sich zuvor schon Kanzler Helmut Kohl in der Klimapolitik aus dem Fenster gehängt. Kohl verlangte gemeinsam mit dem brasilianischen Präsidenten Henrique Cardoso, dem südafrikanischen Vizepräsidenten Thabo Mbeki und Singapurs Premierminister Goh Chok Tong einen Vertrag über eine deutliche Verminderung der Treibhausgasemissionen. Einen entsprechenden Brief veröffentlichte das Kanzleramt am Freitag. Die Regierungschefs verwiesen auf das Ziel der EU, die Emissionen in den Industriestaaten bis 2010 um 15 Prozent zu verringern. Ein Ziel, dem sich auch die meisten Entwicklungsländer angeschlossen haben.

Vor allem aber schlugen die Regierungschefs Geldstrafen für Klimasünder vor: „Diejenigen, die sich nicht an die in dem Protokoll genannten Ziele halten, [sollten] entsprechend ihrer Zielverfehlung Mittel für Klimaschutzmaßnahmen in Entwicklungsländern zur Verfügung stellen.“ Die brasilianische Regierung hat eine Strafe von 10 Dollar pro überzählige Tonne Kohlendioxid vorgeschlagen. Allein die Emissionen des RWE- Konzern wären, wenn sie überzählig wären, nach dieser Rechnung rund eine Milliarde Dollar wert.

Wie notwendig ein internationaler Vertrag über einen aktiven Klimaschutz ist, haben Wissenschaftler am Wochenende unterstrichen. Die Meteorologen des britischen Hadley Center berichteten, daß das Sommerhalbjahr 1997 nach ihrer Rechnung das wärmste gewesen ist, seit Messungen vorgenommen werden (seit 1860). Fünf der sieben wärmsten Sommer habe man in den neunziger Jahren registriert. Und das Klimaphänomen El Nino sei noch nie so ausgeprägt wie in diesem Jahr festgestellt worden. Die Meerestemperatur vor der peruanischen Küste habe sich zeitweise um sechs Grad über den normalen Wert erhöht. Und in Paraguays Hauptstadt Ascunion mußte nach sintflutartigen Regenfällen vergangene Woche der Notstand ausgerufen werden.