: Vertragspartner in Hader
■ Der Aufstand gegen Fußball im Pay-TV hat endgültig alle gegeneinander aufgebracht, die mit Fußball Geld machen wollen. Fifa-Chef widerspricht Kirch: Verband entscheidet über Pay-TV
Berlin (taz) – Das Warten nahm fast kein Ende. Zwei Stunden länger als geplant dauerte gestern die Tagung der Fifa-Oberen in Marseille, und man kann davon ausgehen, daß es keine freundliche Runde war. Als dann Joseph Blatter, der mächtige Generalsekretär des Weltfußballverbands Fifa vor die Presse trat, waren seine Worte eher dürr: „Es hat einige Schwierigkeiten mit unserem Partner gegeben“, meinte er zuerst, aber die habe man bis zum Jahresende ausgeräumt.
Dieser Partner heißt Leo Kirch. Der deutsche Medienmagnat hatte im Verein mit seinem Schweizer Partnern der Fifa im letzten Jahr die Weltrechte an den Fußballweltmeisterschaften der Jahre 2002 und 2006 abgekauft, für 3,4 Milliarden Mark. Ein Jahr lang freuten sich beide Seiten über den Vertrag, doch dann brach in Deutschland der mediale Fußballaufstand los. Der Grund: Die Pläne Kirchs, die Fußballspiele der WM nur gegen hohe Extragebühren zu zeigen. Damit, so das Kalkül, soll das Vorhaben Kirchs, im Verbund mit dem Bertelsmannkonzern das extra bezahlte Fernsehen in Deutschland zu dem großen Ding zu machen, endlich aufgehen.
So gab es Streit mit den Fußballoberen, die zwar von Kirchs Plänen wußten, nun aber um den Ruf des Kickens insgesamt bangen. Sie beharren darauf, ein Mitspracherecht darüber zu haben, welche Spiele wann und wie gezeigt werden. Fifa-Boß Blatter bekräftigte gestern noch einmal, daß „die Fifa vertragsgemäß die Kontrolle ausüben kann“ – der Fußballverband habe das Sagen, was gegen Geld und was kostenfrei live gezeigt werde. Doch genau das hatte Kirch-Manager Dieter Hahn in den letzten Tagen zu bestreiten gesucht. Doch wie die Verträge genau aussehen, weiß außerhalb der Chefetagen der beiden nun zerstrittenen Partner niemand. Ein Spiel, in dem beide Seiten mit gezinkten Karten spielen. Nach Angaben von Fifa-Präsident João Havelange und Blatter sind nämlich die Fernsehverträge mit Kirch am Mittwoch von allen 24 Exekutivmitgliedern des Fußballweltverbandes angenommen worden.
Die Fußballoberen scheinen darauf zu spekulieren, daß sie nach dem Streit die Rechte jederzeit für mindestens die gleiche Summe anderweitig verkaufen können. Gerüchten zufolge soll ihnen bereits ein Angebot vorliegen, das sogar um einige hundert Millionen Mark höher liegt.Auch die ARD lockt im Verbund mit ihren Europäischen Partnern wieder um die Gunst der Fifa. WDR-Intendant Fritz Pleitgen sagte der Woche, man wolle sich gegebenenfalls wieder um die Rechte bewerben.
Kein Wunder, daß sich die Fifa entspannt zurücklehnt und daß ihr Vormann Blatter nun plötzlich Verständnis für die Proteste der Fußballfans zeigt. „Es erscheint auf den ersten Blick nicht sehr gerecht, richtig und sportlich“, sagte er über die Verschiebung der Spiele ins Bezahlfernsehen.
Unterdes haben die Bemühungen der deutschen Bundesländer um eine gesetzliche Regelung Unterstützung in Brüssel bekommen. Die Länder planen, eine EU- Richtlinie umzusetzen und eine gesetzliche Liste jener Sportereignisse aufzustellen, die weiterhin live ohne Zuzahlung zu sehen sein müssen. Bei einer Begegnung zwischen EU-Kommunikationskommissar Manuel Oreja und dem Länder-Verhandler und Kieler Staatskanzleichef Klaus Gärtner begrüßte der EU-Kommissar Gärtner zufolge am Dienstag das deutsche Vorhaben. Lutz Meier
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