: Bei Festnahme gespeichert
■ Datenschutzbeauftragter kritisiert die Speicherung von festgenommenen Demonstranten beim Verfassungsschutz. Grüne fordern die Vernichtung der nicht erforderlichen Daten
Der Datenschutzbeauftragte Hansjürgen Garstka hat gestern die Übermittlung von Daten festgenommener Demonstrationsteilnehmer an den Verfassungsschutz kritisiert. Die Übermittlung durch die Polizei und die Speicherung beim Verfassungsschutz sei nur dann zulässig, wenn verfassungsfeindliche Bestrebungen zu erkennen seien, erklärte Garstka vor dem Verfassungsschutzausschuß des Abgeordnetenhauses.
Dies sei aber bei der gegenwärtigen Praxis nicht der Fall. Auf den Festnahmelisten sei in der Regel nur der Name aufgeführt, der Grund der vorübergehenden Festnahme sei nicht ersichtlich. Eine Festnahme z.B. wegen Sachbeschädigung biete noch keinen hinreichenden Anhaltspunkt für verfassungsfeindliche Bestrebungen.
Seit 1995 gingen im Zusammenhang mit linken Demonstrationen insgesamt zwölf Festnahmelisten an den Verfassungsschutz, erläuterte Behördenchef Eduard Vermander. Wie viele Namen auf diesen Listen enthalten seien, teilte er nicht mit. Die Übermittlung der Daten an den Verfassungsschutz erfolge nach drei Kategorien: Die Festnahme von Personen, die vom Verfassungsschutz bereits beobachtet werden, werde im Nachrichtendienstlichen Informationssystem (Nadis) gespeichert. Damit sind die Daten allen Landesämtern und dem Bundesamt für Verfassungsschutz zugänglich. Bei Festgenommenen, die erstmalig vom Verfassungsschutz erfaßt werden, würden die Daten nur für zwei Jahre befristet gespeichert. Als dritte Kategorie nannte Vermander Festnahmen nach dem Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetz (Asog). Darunter fallen Festnahmen von Demostranten, die sich nach einer aufgelösten Demonstration nicht entfernen. Ihre Daten werden nicht in Nadis gespeichert. Wer dem Verfassungsschutz bereits bekannt ist, landet mit Sperrvermerk in einer Akte, gelöscht wird er nicht. Auf gesperrte Daten könne aber jederzeit wieder zurückgegriffen werden, sagte Garstka. Dem Datenschutzbeauftragten ist nur ein einziger Fall bekannt, in dem eine Festnahmeliste gelöscht wurde.
Die bündnisgrüne Abgeordnete Renate Künast forderte den Verfassungsschutz auf, die Daten der nach dem Asog Festgenommenen zu vernichten. Sie seien für die Arbeit des Landesamtes nicht erforderlich. Wie der Datenschutzbeauftragte forderte Künast, für die Speicherung der Daten müßten klare und restriktivere Kriterien entwickelt werden. Innensenator Jörg Schönbohm (CDU) ließ bei der Ausschußsitzung dazu keine Bereitschaft erkennen. Seine Behörde werde aber mit Garstka über seine Bedenken nochmals sprechen. Dorothee Winden
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