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Auch im Himmel wird geheizt

Die Treibhauswirksamkeit des Flugverkehrs ist in Kioto kein Thema  ■ Von Niels Boeing

Berlin (taz) – Ihren Flug nach Kioto dürften die Klimaunterhändler aus aller Welt bis auf den Jetlag schnell vergessen haben. Der gehört zum üblichen Konferenz-Business und hat mit den Klimaverhandlungen nichts zu tun, glauben viele. Weit gefehlt. Die Auswirkungen des weltweiten Flugverkehrs auf den Treibhauseffekt sind viel bedeutender als bisher angenommen, wie eine gestern vom Verkehrsclub Deutschland (VCD) vorgestellte Studie zeigt. In Kioto stehen sie aber nicht auf der Tagesordnung. Zwar beträgt der Anteil der Fliegerei an den globalen CO2-Emissionen lediglich zwei Prozent und ist damit noch recht bescheiden. Entscheidend ist aber, daß das von Flugzeugen ausgestoßene CO2 in der oberen Troposphäre eine viel längere Lebensdauer hat und damit treibhauswirksamer ist als das am Erdboden emittierte.

Doch während der übrige Verkehr fast ausschließlich durch CO2- Emissionen das Klima beeinflußt, wirkt der Flugverkehr vor allem durch Abgase, über die in Kioto gar nicht geredet wird. Wasserdampf ist in Flughöhen über zehn Kilometern um ein Zigfaches treibhauswirksamer als CO2, so die Studie. In Regionen mit starkem Flugverkehr können die Kondensstreifen zusätzlich einen lokalen Anstieg der Temperatur am Erdboden auslösen. Stickoxide bewirken über verschiedene chemische Reaktionen die Bildung von Ozon, das in diesen Höhen ebenfalls den Treibhauseffekt drastisch verstärkt. Berücksichtigt man diese Faktoren, ist jeder Liter Flugbenzin dreimal so treibhauswirksam wie ein Liter normaler Treibstoff, schlußfolgert der VCD.

Technikbegeisterte könnten versucht sein, das Problem über die Entwicklung von abgasärmeren und sparsameren Triebwerken zu lösen. Tatsächlich sind die Flugzeugmotoren seit den 60er Jahren immer sauberer geworden. Doch mit der von der VCD-Studie für das Jahr 2010 prognostizierten Verdopplung des weltweiten Flugverkehrs dürfte sich die Wirksamkeit rein technischer Maßnahmen als Illusion erweisen.

Um die Flugverkehrsemissionen wenigstens auf dem heutigen Niveau zu halten, müßte das Verkehrswachstum deutlich abgeschwächt werden. „Das geht nur, wenn wir an der Preisschraube drehen“, sagt Burkhard Reinartz vom VCD. Er fordert einen Maßnahmenmix: die Besteuerung von Flugbenzin, eine Erhebung von emissionsabhängigen Start- und Landegebühren, die bisher nur auf dem Flughafen Zürich-Kloten existieren, Mehrwertsteuer für Flugtickets und den Abbau aller anderen Subventionen, die den Airlines Dumping-Preise ermöglichen.

Einige EU-Länder haben hier erste Schritte gemacht: Norwegen hat 1995 eine „grüne Steuer“ für Inlandsflüge auf den Strecken eingeführt, die man auch mit der Bahn zurücklegen kann. Schweden verlangt eine Abgabe auf Flugabgase.

„Zusätzlich muß aber auch ein Bewußtseinswandel nach dem Motto „Flieg die Hälfte“ stattfinden“, betont Reinartz. „Wer in den Abgaswolken des täglichen Staus steht, sieht die Problematik des Autoverkehrs sofort. Im Flugzeug schwebt man über Schäfchenwolken durch den Himmel. Da sieht man keinen Dreck.“

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