: Keine Stütze mehr ohne Arbeit
■ Über Arbeitsprojekte für SozialhilfeempfängerInnen diskutierten gestern Experten auf einem Forum der SPD-Fraktion
Es bleibt dabei: Wer Sozialhilfe beantragt und arbeitsfähig ist, eine angebotene Tätigkeit aber ablehnt, bekommt ein Viertel weniger Sozialhilfe. „Wir werden das Gesetz hier ausschöpfen“, erklärte SPD-Sozialsenatorin Tine Wischer am Montag auf einer Fachtagung der SPD-Bürgerschaftsfraktion zum Thema „Neue Formen der kommunalen Arbeitsmarktpolitik“.
Das gelte insbesondere auch bei den unter 27jährigen. Diese sollen nach Wischers bereits Ende Oktober vorgestellten Plänen, die der Senat im Januar beraten will, künftig sofort in das Programm „Arbeit statt Sozialhilfe“aufgenommen werden. Das heißt: sechs Monate für Sozialhilfe plus zwei Mark Prämie arbeiten und dann in BSHG-19-Stellen bei Beschäftigungsträgern vermittelt werden, die mit 80 Prozent des Tarifs bezahlt werden.
„Wenn die nicht von der Straße wegkommen, befürchte ich, werden verstärkt polizeiliche und Justizmittel eingesetzt werden müssen“, sagte die Senatorin. Daß Selbsthilfegruppen und Beschäftigungsträger an ihrer Kritik festhielten, die Sanktionsmechanismen seien „nicht überzeugend“und zeigten, daß immer noch Mißtrauen gegenüber Sozialhilfebeziehern herrsche, wischte sie beiseite. Es sei „falsch, immer auf diesem Einzelpunkt herumzuhacken“, zumal es sich dabei nach den Erfahrungen in anderen Städten „nur um einen verschwindend geringen Teil“handle.
Statt dessen müsse man angesichts der Tatsache, daß inzwischen jeder zehnte Bremer Sozialhilfe bezieht, zusehen, ob und wie man das Beratungsangebot insgesamt erweitern könne. Ihr Vorschlag: verstärkte Kooperation mit dem Arbeitsamt und dem Arbeitsressort sowie die Zusammenarbeit mit privaten Arbeitsvermittlungen wie dem niederländischen Projekt Maatwerk, wie sie derzeit in Hamburg ausprobiert wird.
Letzteres hat sich insbesondere auf sogenannte Schwervermittelbare spezialisiert und arbeitet im Auftrag der Sozialämter. „Wir verstehen uns aber als Dienstleister gegenüber Arbeitssuchenden und Arbeitgebern“, erklärte Projektmanager Jens Wedekind. „70 Prozent der Stellen werden von den Unternehmen erst gar nicht ausgeschrieben, weil die den Papierkram scheuen oder selber suchen wollen.“An die komme man nur über direkte Firmenakquise heran. Das könnten weder Arbeits- noch Sozialämter leisten. Für die erfolgreiche, das heißt mindestens sechsmonatige Unterbringung eines Sozialhilfebeziehers kassiert Maatwerk eine Prämie in Höhe von 4.000 Mark.
Dem konnte auch Katja Barloschky, Geschäftsführerin des Verbands Bremer Beschäftigungsträger, etwas abgewinnen: „Mir gefällt die strikte Trennung von Vermittlungsarbeit und Leistungsverteilung“, sagte sie. Dadurch werde der Zwangscharakter durchbrochen. Allerdings bemängelte sie, wie auch Vertreter von Selbsthilfeorganisationen, daß ihr Verband bislang nicht genügend in die Überlegungen einbezogen worden seien. „Und das Grundproblem, daß es zu wenig Arbeitsplätze gibt, ist auch nicht gelöst.“
Uwe Lange von der Bremer Arbeitslosenselbsthilfe monierte das Gesamtkonzept als aktionistisch: „Wieso werden nicht zuerst die vorhandenen Strukturen genutzt und ausgeweitet?“Bei den geplanten Kooperationen fehle ihm noch eine Idee, wie das Ganze zusammengehalten werden solle. „Und überhaupt nicht geklärt ist die Frage: Wie wird das finanziert?“ bw
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