Mehr Hilfe nur gegen mehr Macht

■ Zum Auftakt der Bosnien-Konferenz in Bonn fordern Deutschland, die USA und Rußland mehr Vollmachten für den internationalen Bosnien-Beauftragten. Belgrad droht mit Boykott

Bonn (AFP/taz) – Die internationale Staatengemeinschaft verlangt von den Konfliktparteien in Bosnien sichtbare Zeichen für Aussöhnung und Zusammenarbeit als Antwort auf ihr militärisches und finanzielles Engagement. Außenminister Klaus Kinkel (FDP) sagte gestern zum Auftakt der Bosnien-Konferenz auf dem Petersberg bei Bonn: „Wer Versöhnung will, dem helfen wir.“ Wer dagegen „Sand ins Aufbaugetriebe streut, trägt die Folgen“.

Bei den Konferenzteilnehmern zeichnete sich Übereinstimmung ab, das Mandat des internationalen Wiederaufbaubeauftragten Carlos Westendorp zu stärken. Westendorp selber sagte zwar, er strebe „noch nicht“ einen neuen oder erweiterten Auftrag an. Kinkel sprach sich dagegen für ein „robusteres Mandat“ aus. Der russische Vizeaußenminister Igor Iwanow plädierte für Vollmachten, die es Westendorp ermöglichten, „effektiv die Umsetzung“ des Dayton-Friedensvertrages zu unterstützen. Auch US-Vizeaußenminister Strobe Talbott stimmte dafür, Westendorp die Autorität zu geben, um Obstruktion überwinden zu können.

Das dreiköpfige bosnische Staatspräsidium war mit leeren Händen nach Bonn gekommen: Trotz eines Ultimatums hatten sich der Muslim Alija Izetbegović, der Kroate Kresimir Zubak und der Serbe Momčilo Krajišnik nicht auf einige gesamtstaatliche Gesetze geeinigt, vor allem aufgrund serbischer Obstruktion. Izetbegović plädierte für eine militärische Präsenz der Staatengemeinschaft mindestens bis zum Jahr 2000. Wirtschaftliche Hilfe müsse noch zehn Jahre gewährt werden. Kommende Wahlen müßten weiter von der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) organisiert werden. Der Serbe Krajišnik wollte der OSZE dagegen nur eine Beobachterrolle zugestehen. Zugleich wies er den Vorwurf Izetbegovičs, die Serben blockierten den Friedensprozeß, als „herabwürdigend“ zurück.

Für einen Eklat sorgte der politische Direktor des Belgrader Außenamts, Dragomir Vucicević, als er nach der Forderung Kinkels, die Bundesrepublik Jugoslawien und Kosovo-Albaner müßten endlich über einen Sonderstatus für die Region und Minderheitenrechte verhandeln, mit einem Boykott der Konferenz drohte. Vucicević sprach von einem Eingriff in innere Angelegenheiten.

An der Konferenz nehmen 51 Staaten und rund 20 internationale Organisationen teil. Das Abschlußpapier, an dem noch gearbeitet wird, soll die Verantwortlichen in Bosnien daran erinnern, daß ein Echo auf die Leistungen der Staatengemeinschaft erwartet wird.