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Der Ablaßhandel von Kioto

■ Kurz vor Schluß präsentiert der Konferenzleiter einen Kompromiß: Die USA dürfen mehr Gase in die Luft ablassen, die Europäer weniger. Emissionen sollen weiter gehandelt werden

Kioto (dpa) – Auf dem Klimagipfel in Kioto ist ein erster Protokollentwurf, der einen Abbau der Treibhausgase um fünf Prozent bis 2010 vorsieht, auf heftige Kritik gestoßen. Nach dem Vorschlag, den Verhandlungsführer Raul Estrada gestern einen Tag vor Abschluß der Konferenz präsentierte, soll die Europäische Union (EU) ihre Treibhausgase stärker als alle anderen Länder reduzieren.

Gemeinsam sollen alle Industriestaaten den Ausstoß der Treibhausgase um fünf Prozent mindern, die EU-Länder – einzeln oder im Durchschnitt – jedoch um acht Prozent. Für die USA, Kanada und Rußland genügten fünf Prozent, für Japan 4,5 Prozent. Als Basisjahr gilt 1990, Zielperiode ist der Durchschnitt der Jahre 2006 bis 2010. Die Vorschläge gelten zunächst für die Gase Kohlendioxid, Methan und Lachgas. Dieser vorläufige Protokollentwurf des Vorsitzenden sollen die Delegierten der Vertragsstaaten diskutieren.

Die USA waren zuvor von ihrem Ziel der Stabilisierung abgerückt und halten Konferenzkreisen zufolge eine Reduktion von zwei Prozent für machbar. Verhandlungsführer Stuart Eizenstat bestätigte nur, daß die USA nun eine „echte Reduzierung“ wolle, ohne dies zu erläutern. „Die USA haben noch Bewegungsmasse, und die müßte sie ausnutzen“, sagte Christoph Bals, Klimaexperte von Germanwatch. Zudem wollen die USA nach Aussagen ihres Verhandlungsführers mit Japan, Rußland, Australien, Neuseeland und Kanada Handelsvereinbarungen treffen. Sie reagierten damit auf die sogenannte EU-Glocke, in der alle europäischen Länder ein Ziel erreichen wollen.

„Das ist eine taktische Drohung gegenüber der EU, das eigentliche Ziel der USA ist wohl eher, möglichst viele Emissionslizenzen unbeschränkt einkaufen zu können“, sagte Albert Schmidt, für Bündnis 90/Die Grünen Mitglied in der Delegation. Ähnlich sehen dies US- Umweltgruppen. „Die USA haben nur eine neue Spielkarte aufgelegt, um die EU-Position zu schwächen“, sagte Jennifer Morgan vom Climate Action Network.

Rußland müßte seine Treibhausgase nach dem Entwurf nur um fünf Prozent reduzieren. Der Staat hatte durch den Zusammenbruch seine Treibhausgase seit 1990 jedoch schon um 30 Prozent gesenkt. Zum Handel blieben die restlichen 25 Prozent Treibhausgase. Nach diesem System könne Rußland nun Gutscheine für Emissionen verkaufen, die nie entstanden sind, sagte Stephan Singer vom WWF. Die EU hat erklärt, eine Reduktion von acht Prozent zu akzeptieren, wenn auch andere Industriestaaten, vor allem die USA und Japan dazu verpflichtet würden, hieß es aus Kreisen.

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