Landeskunde aktuell Von Jürgen Roth

Tibet, wir dürfen das nie vergessen, auch wenn der Rotchinese noch so tollkühn sein falsches Regiment verteidigt, gilt nicht zu Unrecht als Land der Geheimnisse. Richard Gere bekennt: „In Tibet liegt Religion in der Luft!“

Aber welche genau? Bild berichtete am 2.12. über rockende Disco-Girls in Dalai-Lama- T-Shirts und Brad-Pitt-Filme („Sieben Jahre in Tibet“) – doch ein Beweis ist das nicht, kein schlagender zumal für das seit dem Jahre 620 währende Landschafts- und Religionsmirakel Tibet, jenes ursprünglich inkommensurable Geflecht aus nomadisierenden Clans, ewigem Eis, Weizenzüchtern, Granitbrocken und Schafsdieben sowie „schlichten Betschulen“ (Bild). Den Beweis für die weltweite Faszination an der Heimstatt tibetanischer Bauern und Oberschichtsmitglieder, von denen heute etwa 1.000 in der Schweiz leben, liefert einerseits die linguistische Sensation der 30 Grundbuchstaben umfassenden tibeto-birmanischen Variante der sinotibetischen Sprachen: Im Tibetischen werden die syntaktischen Beziehungen durch Partikel bestimmt. Das gibt es weder auf europäischem noch auf amerikanischem Boden. Das Tibetische – skurril! Subtil! Schwierig! Andererseits eben: die Religion, „the religion“ (R.Gere), ein echter Hammer. 4.000 Klöster, Tausende von schweigenden Gottpreisenden und Milliarden, die „singend von Dorf zu Dorf ziehen“ (Bild), Gerste locker bis auf 4.200 Meter Höhe züchten, Yaks umherjagen, selber herumtollen wie die Wiesel und den lieben Tag easy einen guten Mann sein lassen, den HErrn himself nämlich, den Buddhameister. Welcher gehetzte Mensch aus der Neuen, so hermetisch kalten Welt würde sich da nicht sehnend „hingezogen“ fühlen? „Tibet“, schmachtet Bild. „Millionen Menschen spüren Heimweh, obwohl sie nie dort weilten.“

Da hatten es die ersten Könige Tibets (7. Jh.) leichter. Sie waren schon vor Ort, führten den Buddhismus ein. Und 1951 ff.? „Seit 1951 zerstören die Chinesen die Kultur (...), Klöster werden gesprengt, Bulldozer reißen Schneisen in die Städte. Statt nach Weihrauch riecht es nach Diesel.“ (Bild). Paradise unwiderruflich lost? Nein! Gott sei Dank hatte Tsong-kha-Pa, den gelben Alpdruck ahnend, die Gelbmützensekte gegründet und den Lamaismus initiiert, für den seit 1959 der 14. Dalai Lama vom Exilstandort Indien aus um die Welt jettet und rettet, was noch zu retten ist – sein „Land wie ein Altar (...): Es gibt weder Erdöl, Traumstrände noch Duty-free-Shops.“ (Bild)

China brachte nur schlotende Eisenbahnen über Tibet, die Bilder von ihre filigran schockgefrosteten Extremitäten in elegant drapierte Fellumpen hüllenden Bergbewohnern und Gepäckträgern werden immer seltener. Wie sagt Professor Rimpoche, Berater des Dalai Lama, treffend und entwaffnend zugleich: „Jeder Tag bringt mehr Chinesen. Es sind so viele, keiner kann sie stoppen!“ Tibet, dieses uralte „Juwel in der Lotusblüte“ (Bild), ist das Deutschland Asiens, und die Chinesen sind die Nordafrikaner Frankreichs, die an den Grenzen zu Polen abgefangen und in die masurische Wallachei zurückspediert werden. Denn Buddhismus heißt: „Enthaltsamkeit, Meditation, Nächstenliebe“ (Bild).

Ein Vorbild für die zerstrittene Weltgemeinschaft!