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Symbol für eine Passion

Finstere Geschichten vom Rande des Bewußtseins in opulenten Bildern. Jede Menge Batman satt: Zum 30jährigen Comic-Jubiläum hat der Carlsen Verlag fünf Bände in einem Schmuckkarton veröffentlicht. Beiträge zur Archäologie der gezeichneten Fledermaus  ■ Von Udo Angerstein

Nacht liegt über Gotham City. Alles schläft, Batman wacht: Dem dunklen Comic-Helden hat der Carlsen Verlag jetzt anläßlich seines 30jährigen Bestehens eine Jubiläumsausgabe gewidmet. Und darin finden sich fünf der besten Batman-Storys aus den letzten Jahren. Batman satt. Mit dabei natürlich Frank Millers 1986er Geniestreich „Die Rückkehr des dunklen Ritters“, mit dem er Batman und den „Graphic Novels“ gleichermaßen zu neuem Ansehen und neuer Leserschaft verhalf. Ein gealterter und leicht frustrierter Batman nimmt darin nach zehnjähriger Abwesenheit den Kampf gegen eine neue Qualität des Verbrechens auf.

Mit bissigen Seitenhieben auf die amerikanische Gesellschaft und den allgemeinen Werteverfall versehen, beeindruckt Millers Comic durch eine dem Kino abgeschaute Schnittechnik, gelungene Graphik, rasante Erzählweise und die äußerst düstere Atmosphäre. Recht gefällig ist auch die Idee, dem zynischen Spitzohr einen weiblichen Robin an die Seite zu stellen. Über die „Männerfreundschaft“ der beiden war ja schon öfter, meist ohne nennenswertes Resultat, spekuliert worden. Kurzum, eine packende Story auf einem für Comics mit Superhelden außergewöhnlich hohen Niveau.

1988 widmete sich Miller nochmals dem Thema Batman und schrieb für den Zeichner David Mazzuchelli „Das erste Jahr“. Auch nicht schlecht. Ein junger Leutnant der Polizei namens Jim Gordon wird ins völlig korrupte Gotham City versetzt. Der Versuch, eine gewisse ethische Grundhaltung zu wahren, verschafft ihm allerdings wenig Freunde. Zur gleichen Zeit macht ein junger Millionärssohn erste, natürlich illegale Gehversuche in der Verbrechensbekämpfung und findet in der Fledermaus ein passendes Symbol für seine Passion. Nur sind seine ersten Bemühungen doch noch etwas unbeholfen und kosten ihn beinahe Kopf und Kragen. Am Ende geht es dann doch glimpflich ab, und der Leser erlebt den Beginn einer wunderbaren Freundschaft...

Mehr über den fiesen Joker erfährt man in dem vergleichsweise schmalen Bändchen „Bitte Lächeln“ von Alan Moore und Brian Bolland. Mit gut eingesetzten Rückblenden versetzt, wird hier von einem besonders bösen Streich des Jokers erzählt. Der schießt die Tochter des Polizeichefs über den Haufen, kidnappt Gordon und versucht ihn mit perfiden Methoden in den Wahnsinn zu treiben. Gute Zeichnungen und ein ungewöhnlicher Schluß.

Graphik als große Comic-Kunst findet man in „Der Tag der Narren“ von Grant Morrison und Dave McKean. Auch hier spielt der Wahnsinn eine wesentliche Rolle. Morrison erzählt die Geschichte des Psychiaters Amadeus Arkham, der im düsteren und geheimnisumwitterten Haus seiner Familie das Arkham Asylum gründet. Leider verfällt Arkham zunehmend selbst dem Wahnsinn und muß eingesperrt werden. Allerdings hat er ein Tagebuch geschrieben, dessen Fund irgendwann auch Batman auf den Plan ruft. Denn irgendwie haben sich die jetzigen Insassen unter Führung des Jokers befreit, Geiseln genommen und haben nur einen sehnlichen Wunsch: Batman soll zu ihnen kommen...

Die Geschichten von der gezeichneten Fledermaus erzählen finstere Geschichte vom Rande des Bewußtseins in äußerst opulenten Bildern. Vergleichsweise schwach dagegen fällt „Fremdes Terrain“ von Dave Gibbons, Steve Rude und Karl Kesel aus. Aber das mag auch daran liegen, daß hier Superman, dieser langweilige Streber mit der blauen Strumpfhose, mitspielt. Zur Story: Lex Luthor und der Joker haben sich geeinigt, daß jeder mal in der Stadt des anderen sein Glück versuchen darf. Also schließen sich Superman und Batman zu einer unschlagbaren Gemeinschaft zusammen und machen den beiden einen Strich durch die Rechnung. Nette Idee und durchaus gefällig gezeichnet, aber leider ohne rechten Pfiff. Davon einmal abgesehen, bleibt aber immer noch eine ansehnliche Zusammenstellung für einen angemessenen Preis übrig.

„Batman: Im Zeichen der Fledermaus“. Carlsen Verlag, Hamburg 1997, 5 Bände, 624 Seiten, 138DM

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