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Telefonieren mit Taschenrechner

Alternativen zur Telekom: Ab Neujahr kann jeder telefonieren, bei wem er will. Welche Gesellschaft am billigsten ist, hängt von eigenen Gewohnheiten ab  ■ Aus Berlin Reiner Metzger

Ein „Preisfeuerwerk“ werde seine Firma im kommenden Jahr abbrennen, drohte Telekom-Vorstandsvorsitzender Ron Sommer gestern in Bonn. Der bisherige Herrscher des deutschen Telekommarktes wird das auch nötig haben, denn ab dem 1. Januar wird sein Monopol auf die Übermittlung von Telefonaten restlos fallen.

Mehrere Dutzend Konkurrenten warten darauf, dem graurosa Riesen Deutsche Telekom AG Kunden abspenstig zu machen. Die Ortsgespräche werden zwar weiterhin meist über die Telekom abgerechnet werden. Doch bei den Ferngesprächen kann jeder wählen: komplett zu einem neuen Anbieter wechseln oder bei der Telekom bleiben und jeweils das Unternehmen aussuchen, das für einzelne Gespräche den günstigsten Tarif bietet.

Ein Beispiel: Ein Kunde meldet sich bei der Firma Telepassport an – zusätzlich zu seinem Vertrag mit der Telekom. Ab dann wählt er immer, wenn er bestimmte Tarife von Telepassport nutzen will, die Nummer 01024 vor der eigentlichen Nummer. Nur dann telefoniert er auf Rechnung von Telepassport, die restlichen Gespräche laufen weiterhin über den Zähler der Telekom. Am Monatsende kommen zwei Rechnungen – eine von Telepassport, eine von Telekom. Limits gibt es übrigens keine: Wer will, kann sich bei allen Anbietern anmelden und deren Angebote ausnutzen.

Damit nicht zu viele Kunden schnell wechseln, kündigt die Telekom ständig neue Tarifänderungen an. Gestern hat sie im Detail vorgestellt, wie die Preise Anfang nächsten Jahres sinken sollen (siehe Kasten). Ron Sommer hat für nächstes Jahr weitere Tarifveränderungen angekündigt. Je nachdem, welche Kunden abwandern, wird er nachlegen. Damit kann er die Schmerzgrenze seiner Konkurrenten austesten: Denn die haben teilweise schon in Prozentzahlen angekündigt, wie stark sie die Telekom unterbieten wollen. So will zum Beispiel o.tel.o, Tochter von Veba und RWE, 15 bis 20 Prozent unter den Preisen der Telekom bleiben.

Trotz sinkender Tarife fällt die Wahl der günstigsten Telefongesellschaft für den einzelnen Kunden nicht leicht. Schon bei der Telekom allein war die Vielzahl der Zeit- und Entfernungszonen nicht leicht zu überblicken. Nun muß sich der experimentier- oder sparfreudige Telefonierer auch noch einen Überblick über die neuen privaten Anbieter verschaffen.

Jede Firma hat eine andere Spezialität, mit der sie wirbt. Den billigsten Tarif für Gespräche bis zu einer Entfernung von 50 Kilometern bietet momentan Arcor mit acht bis 16 Pfennig pro Minute. Die Telekom verlangt dafür je nach Tageszeit 12 bis 36 Pfennig, nur knapp mehr als der überwiegende Rest der privaten Konkurrenz. Besonders günstig bei Ferngesprächen über die weitere Distanz ist Telepassport. Werktags kostet hier die Minute 18 bis 38 Pfennig, ein Großteil der Rivalen nimmt dafür 20 bis gut 40 Pfennig, die Telekom AG kassiert zwölf bis 60 Pfennig für die Sechzig-Sekunden-Spanne.

Die Tarife können sich jedoch noch ändern. Die Firmen behalten sich vor, auf die Telekom zu reagieren. Je nachdem, wo der graurosa Elefant eine Schneise in den Busch der Tarife trampelt, springen die Kleinen voraus oder suchen sich ihre geschützten Nischen seitwärts.

Eine Auswirkung hat das Gerangel für den Kunden aber auf jeden Fall: Das einzelne Gespräch wird billiger. Das zeigt auch eine Studie über bereits liberalisierte Länder der Unternehmensberatung McKinsey. Die Preise für Ferngespräche fielen zwischen null Prozent in Finnland und 73 Prozent im deregulierten Telekomland Großbritannien. Auch die ehemaligen Monopolunternehmen verloren viel von ihrem Marktanteil. So verließen die British Telecom 30 Prozent der Kunden, dem US-Riesen AT&T kehrten gar 47 Prozent den Rücken zu.

Für Unternehmen, die die heißen Jahre nach der Liberalisierung überstehen, verspricht die Zukunft dann wieder steigende Gewinne. Denn bei der Telekomliberalisierung in den USA oder Großbritannien vor 13 Jahren hat sich gezeigt: Der Umsatz der Branche sinkt trotz der Preiskämpfe nur kurzfristig. Von 1995 bis 2005 sollen die Umsätze auf dem Telekommarkt in der EU laut Schätzungen englischer Experten stark steigen – von knapp 260 Milliarden Mark auf 420 Milliarden Mark pro Jahr. Dazu tragen nicht nur die steigenden Multimedia-Übertragungsraten bei, sonden auch die normalen Kunden. Denn die tragen das ersparte Geld für die bisher teureren Gespräche nicht auf die Bank – sie telefonieren mehr.

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