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Mehr Grün auf den Markt

■ Unternehmensbeteiligungen in der Umweltbranche sind ein in jedem Sinne gutes Geschäft. Einsteigen sollte man ab 5.000 Mark. "Wenn's weg ist, war's für einen guten Zweck"

Geldanlagen in Aktienpaketen kommen auch in Deutschland zunehmend in Mode. Und weil gleichzeitig das kritische Hinterfragen noch nicht gänzlich unmodern geworden ist, möchten viele Zeitgenossen durchaus darüber im Bilde sein, was mit ihrem Kapital angestellt wird. Dementsprechend reichhaltig präsentiert sich das Angebot an „ethisch“, „ökologisch“ oder sonstwie politisch korrekt ausgerichteten Wertpapierkollektionen.

Doch für viele kleine Unternehmen scheidet dieser Weg der Kapitalbeschaffung aus, ist die Börsennotierung doch eine Hürde, die – wenn überhaupt – erst in ferner Zukunft angegangen werden kann. Geld brauchen sie natürlich trotzdem, und das gibt es nur – mit viel Glück – bei reichen Erbonkeln oder – mit noch mehr Glück – von staatlichen Fördereinrichtungen. Banken verlangen für geliehenes Geld nicht nur Zinsen, sondern auch Sicherheiten, die gerade in der Gründungsphase naturgemäß fehlen. Bleibt schließlich der „graue“ Kapitalmarkt, also das Akquirieren von privatem Kapital ohne den Umweg über Kreditinstitute oder Börsen.

Im Gegensatz zu börsennotierten Wertpapieren ist der Geldhandel und seine Vermittlung durch Anlageberater aller Couleur hier keiner direkten staatlichen Kontrolle unterworfen. Daher, so Michael Schäfftlein, Spezialist für „ökologische Vermögensberatung“ aus dem westfälischen Hilchenbach, rührt auch der „zutreffende, aber mir nicht behagende Name“: Die Mischung aus weißen und schwarzen Schafen ergibt eben eine etwas uneinheitliche Färbung.

Entsprechend groß ist der Aufwand für Vertrauenswerbung. Wer einem jungen Unternehmen sein Erspartes übergibt, möchte selbstredend – unabhängig von der Branche – auf Nummer sicher gehen. Wer außerdem noch die ökologisch sinnvolle Verwendung seiner Anlage garantiert bekommen will, sollte unbedingt Wert auf eine ordentliche Prüfung legen – sogar darauf bestehen. Das erhöht zwar den Aufwand für den Berater, bringt aber eine größere Gewißheit, daß das so angelegte Geld tatsächlich in die richtigen Hände gelangt.

Da der Markt expandiert, ist es kein Wunder, daß auch in diesem Bereich windige Offerten keine Seltenheit sind. Schließlich beobachtete der Branchendienst „Gerlach Report“ schon 1996, daß „seriöse Angebote leider wenig Erfolg haben“. Je utopischer die Renditeversprechen, desto geringer, meinen die Gerlach-Experten, die Vorsicht der Anleger.

Dabei muß schon bei der Höhe des investierten Betrags nicht gleich volles Risiko eingegangen werden. Schon ab 500 Mark Einlage kann man zum Beispiel Mitbesitzer der Carbike GmbH & Co KG werden, die in Wolgast eine vielbeachtete Mischung aus Pkw und Fahrrad fabriziert. Viele Anleger betrachten nach Michael Schäfftleins Einschätzung derartige Investitionen „als eine bessere Spende“, nach dem wenig professionellen Motto: „Wenn's weg ist, war's wenigstens für einen guten Zweck.“ Zumindest in diesem Fall ließ sich aber auch damit Geld verdienen.

Wer allerdings wirklich etwas bewirken möchte, und zwar sowohl für seinen Kontostand als auch für das Vorankommen der ökologischen Wirtschaftsweise, sollte schon rund 5.000 Mark erübrigen können. Die lassen sich dann, so Schäfftlein, durchaus in verschiedene Beteiligungen streuen – nicht nur der Gerechtigkeit halber, sondern auch aus Sicherheitsgründen.

Dem weitverbreiteten Vorurteil, daß man das gute Gefühl, eine solche Summe gesellschaftlich sinnvoll investiert zu haben, mit einer schmaleren Rendite als bei „konventionellen“ Beteiligungen bezahlen muß, lassen sich einige harte Fakten entgegenhalten. Als ein Paradebeispiel gilt momentan die WRE AG, ein Produzent von Wasserkraftanlagen. Die im Februar 1996 gegründete Firma gab Anteile zu einem Emissionspreis von 5,70 Mark aus, die in ihrem Wert nur ein Jahr später auf rund 11 Mark gestiegen waren. Das Erreichen der 20-Mark-Marke gilt in Fachkreisen als beinahe ausgemacht.

Natürlich haben nicht alle Unternehmen derart gute Erfolgschancen, verdienen aber ebenso Unterstützung. Ein Argument für den Einstieg in Beteiligungsgesellschaften,wie etwa die Ökologik AG. Das im Juli 1995 in Erlangen gegründete Unternehmen soll als Verbindungsglied zwischen Anlegern und Ökobranche fungieren. Mit dem gesammelten Geld wird gezielt und mit vergleichsweise großen Beträgen in sorgfältig geprüfte Betriebe investiert. Dabei, so der Vorteil, steigt nicht nur die Sicherheit für die Anleger, sondern es bietet sich auch die Möglichkeit, besonders renditeträchtige Unterfangen mit rein finanziell weniger verlockenden Angeboten zu mischen und im Durchschnitt trotzdem eine gute Verzinsung der Einlagen zu gewährleisten. Nach ähnlichem Prinzip verfahren auch einige andere Unternehmen, wie etwa die Baum Epag in Hamburg, die internationale Aktiengesellschaft HerMerlin Inc. oder die Ecovest AG. Doch trotz inzwischen gesammelter Erfahrungen und Erfolge muten die Strukturen und Größenordnungen der ökologisch bewußten Geldbeschaffung bislang noch beinahe familiär an. So gehört HerMerlin zu den Hauptaktionären der Ökologik AG, die wiederum demnächst mit der Ecovest fusionieren wird.

Michael Schäfftlein war selbstredend auch an der Ökologik- Gründung beteiligt. Trotzdem plädiert er „persönlich eher für den mündigen Anleger“, der seine Entscheidungen selbst trifft. Am besten noch als „atypischer“ stiller Gesellschafter, im Gegensatz zur normalen stillen Beteiligung also mit Stimmrecht bei Unternehmensentscheidungen ausgestattet.

Gleichwohl, so Schäfftleins gesamtgesellschaftliches Anliegen, sollte es für möglichst jeden Typ eine attraktive Möglichkeit geben, mit seiner Kapitalanlage ökologischen Wirtschaftsweisen auf breiter Front zum Durchbruch zu verhelfen: „Wir brauchen richtig dickes Geld.“ Jochen Siemer

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