: BVG: Tunnel-Tram ist überflüssig
■ BVG unterdrückt eigenes Gutachten zur Tram in der Leipziger Straße: Oberirdische Trassenführung ist mit dem Autoverkehr vereinbar. Tram kostet 101 Millionen Mark, die Tunnelführung jedoch insgesamt 625 Mil
Im Streit um die Streckenführung einer Straßenbahn durch die Leipziger Straße in Mitte verschweigt die BVG Argumente für die billige oberirdische Variante. Gemeinsam mit der Verkehrsverwaltung plädiert sie offiziell für den Bau einer teuren unterirdischen „Pré-Metro“ zum Potsdamer Platz, weil die oberirdische Tram wegen der Beeinträchtigung des Autoverkehrs „nicht realisierbar“ sei. Dem widerspricht allerdings ein Gutachten, das die BVG selbst in Auftrag gegeben hat und das bereits im Mai 1997 abgeschlossen wurde. In der Untersuchung, die der taz vorliegt, wird die oberirdische Tram durch die Leipziger Straße als „verkehrstechnisch realisierbar“ eingestuft, die nur an zwei Ampeln überhaupt den Autoverkehr stören würde, was aber beherrschbar sei. Mit der Installation moderner Verkehrstechnik, so das Gutachten, sei auch der Zeitverlust wesentlich geringer als bisher von der BVG angegeben.
Der Streit zwischen BVG und Verkehrsverwaltung einerseits und der Verwaltung für Stadtentwicklung andererseits dreht sich um die Frage, wieviel Platz die Tram den Autos in der engen Leipziger Straße wegnimmt. Die Straßenbahn werde die ohnehin überlastete Ost-West-Achse weiter verstopfen und den Verkehr in Richtung Regierungsviertel verdrängen, argumentiert Verkehrssenator Jürgen Klemann (CDU). Die Bahn müsse unter die Erde, um die in Spitzenzeiten bis zu 1.600 Autos pro Stunde fließen zu lassen. BVG-Vorstandsmitglied Hans- Heino Dubbenkropp hat sich dieser Argumentation angeschlossen und erklärt, die oberirdische Tram brauche durch die Leipziger Straße etwa 90 Sekunden länger als die Pré-Metro. Die Verwaltung für Stadtentwicklung läßt diese Angaben derzeit noch einmal durchrechnen.
Das könnte sie sich sparen: Denn bereits das BVG-Gutachten des Ingenieurbüros „Dr. Brenner und Münnich“ hat eben dies untersucht. Fazit: Die Vorgaben von Straßenbahnen im Fünf-Minuten- Takt und etwa 1.600 Fahrzeugen in der Stunde sind durch die oberirdische Variante erfüllbar. „Bei Einhaltung dieser Grenzwerte kann eine leistungsfähige Abwicklung im Kfz-Verkehr in Verbindung mit einem günstigen Bedienungsangebot für den Straßenbahnverkehr erreicht werden.“ Die Verzögerungen betragen demnach zwischen 13 und 22 Sekunden.
An sechs von insgesamt acht Ampeln auf der Strecke stellt das Gutachten „keine negativen Auswirkungen“ auf den Kfz-Verkehr fest, teilweise sogar Beschleunigungen. Nur an den Kreuzungen mit der Wilhelmstraße und der Friedrichstraße könne es zur „Reduzierung der Leistungsfähigkeiten“ im Autoverkehr kommen. Das Gutachten empfiehlt daher, über eine „Zuflußdosierung“ den Verkehr in der Leipziger Straße an diesen ohnehin überlasteten Punkten leicht zu verringern. Außerdem solle der Straßenbahn zwischen Mauerstraße und Wilhelmstraße ein eigener Bereich auf Kosten der Parkplätze reserviert werden, um am Stau vorbeifahren zu können.
Die BVG hat dieses interne Gutachten bisher nicht veröffentlicht, obwohl sie ein starkes Interesse an der Ost-West-Verbindung hat, die mit geplanten etwa 50.000 Fahrgästen pro Tag als eine der attraktivsten Linien Berlins gilt. Während der oberirdische Streckenverlauf nach Berechnungen der Verkehrsverwaltung 101 Millionen Mark kosten soll, verschlänge die Pré-Metro ganze 364 Millionen für nur wenig mehr Fahrgäste. Die BVG hat bereits vorgeschlagen, die Differenz von 264 Millionen Mark selbst über Kredite zu finanzieren, will dafür aber das Nutzungsrecht für 25 Jahre und einen Beitrag des Landes Berlin von jährlich 25 Millionen Mark. Das aber hieße, daß die Pré-Metro insgesamt 625 Mio. Mark kostet. Bernhard Pötter
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