: Der Zahl nach bewältigt
■ DDR-Unrecht: Von 20.000 Verfahren noch 1.500 offen. Verjährungsfrist ohne Bedeutung
Berlin (AP) – Der Löwenanteil der Ermittlungsverfahren wegen SED-Unrechts und Vereinigungskriminalität ist abgeschlossen. Der Berliner Generalstaatsanwalt Christoph Schaefgen sagte, in seiner Behörde seien von ursprünglich 20.000 Verfahren nur noch etwa 1.500 offen: „Von der Zahlenlage her nähern wir uns dem Ende unserer Arbeit.“
Schaefgen meinte, im Jahr 2000 werde seine Aufgabe bewältigt sein. „Die staatsanwaltschaftliche Arbeit in bezug auf die Verantwortlichkeit der politischen Spitze ist getan.“ Er rechne nicht damit, daß „noch viel Unrecht im verborgenen liegt. Wir kennen im wesentlichen alles, was geschehen ist.“
Rund 900 und damit die meisten der noch 1.500 offenen Verfahren drehen sich um Fälle der Rechtsbeugung und der Freiheitsberaubung.
200 bis 300 Ermittlungsverfahren liefen noch wegen versuchten oder vollendeten Totschlags an Flüchtlingen an der innerdeutschen Grenze. Etwa 200 Verfahren beträfen Wirtschaftskriminalität.
Die vom Bundesrat bestätigte Verlängerung der Verjährungsfrist sei wegen der fortgeschrittenen Aufarbeitung ohne praktische Bedeutung, sagte Schaefgen. Der sachsen-anhaltinische Ministerpräsident Reinhard Höppner (SPD) kritisierte hingegen, daß mit der Verlängerung ein Sonderrecht Ost entstehen könnte. Die innere Einheit nehme schweren Schaden. Bei der Wirtschaftskriminalität diksreditiere die Ungleichbehandlung den Rechtsstaat, meinte der SPD-Politiker. Was im Westen verjähre, könne nicht im Osten weiter verfolgt werden.
Der CDU-Politiker und Vorsitzende des Bundestags-Rechtsausschusses, Horst Eylmann, bestritt, daß „auf diese Weise mehr Leute zur Verantwortung gezogen werden können“. Nicht einmal ein Prozent der Verfahren hätten bislang zu Verurteilungen geführt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen