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Bescherung am Golf

Es ist nicht leicht, ein Deutscher zu sein. Und wer hilft, wenn's einem keiner glaubt? Episoden einer gescheiterten Urlaubsreise  ■ Von Patrik Schwarz

Berlin (taz) – Der junge Mann ist Gas- und Wasserinstallateur. Er ist Deutscher, Vater eines kleinen Sohns und lebt in Berlin. Über die Feiertage hat er „einfach ein wenig Urlaub“ geplant, da trifft es sich gut, daß eine Tante im Ölscheichtum Dubai wohnt, dort ist es sonnig. Bei der Botschaft der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) in Bonn beantragt er ein Visum. „Wenige Tage“ dauere die Bearbeitungszeit, hatte auf dem Informationsblatt gestanden, Bedingung sei die Vorlage des deutschen Reisepasses. Und in der Tat, wenige Tage, nachdem Paß, Antrag und Visumsgebühr abgeschickt sind, trifft in der Berliner Wohnung ein Schreiben der Botschaft ein, ein Formblatt. „Bitte beachten Sie“, war da handschriftlich ergänzt worden, „daß die Beantragung eines Visums für nicht- deutschstämmige Bürger 2–3 Wochen dauert.“ Abdurahman Farah ist seit zwei Jahren deutscher Staatsbürger – für die Emirate nicht lange genug. Weil er kein gebürtiger Deutscher sei, werde über seinen Visumsantrag in den Emiraten entschieden. An einen Abflugtermin rechtzeitig zu den Feiertagen ist für Farah nicht mehr zu denken. Der gebürtige Äthiopier: „Das hat mich ein bißchen enttäuscht.“ Seine Reisepläne hat er aufgegeben. Nur auf seinen Paß wartet er noch. Der ist zur Zeit in Dubai.

Daß Hassan Hamdan für den Vorfall deutlichere Worte wählt als Abdurahman Farah, ist überraschend – Hamdan ist Pressesprecher der Botschaft der VAE. „Ich finde das, milde gesagt, unfair und unmenschlich“, kommentiert er gegenüber der taz die Entscheidung seines Hauses. Leider sei Herrn Farahs Fall die Regel bei „nicht-deutschstämmigen“ Deutschen. „Die Kollegen im Konsulat bekommen solche Anweisungen aus Abu Dabi.“ Sie hätten die Vorgaben „auszuführen, ohne zu diskutieren.“ Allerdings fällt den Mitarbeitern die Aufgabe zu, Antragsteller in die zwei Gruppen von Deutschen einzuteilen. Woran machen sie ihre Entscheidung fest? „Entweder am Äußeren oder an der Aussprache“, sagt Hamdan mit spürbarem Unbehagen. Herrn Farahs Verständnislosigkeit kann Hamdan verstehen. Der Sprecher: „Wir sind noch Meilen davon entfernt, wie soll ich mich ausdrücken, von den Idealen, die wir alle tagtäglich predigen. Unsere Welt ist leider immer noch unmenschlich.“ Herrn Farah empfehle er eine Beschwerde beim deutschen Auswärtigen Amt.

So direkt die Kritik des Botschaftssprechers an den Visabestimmungen seiner Regierung ist, so verdruckst sind die Äußerungen des Auswärtigen Amts (AA) zu dem Fall. „Das Auswärtige Amt kann da natürlich schlecht Einfluß nehmen, weil das in die Zuständigkeiten eines anderen Landes fällt“, erklärt ein Sprecher auf Anfrage. Ob es nicht zuvörderst Aufgabe des AA sei, sich für die Interessen deutscher Staatsbürger zu verwenden, die von anderen Staaten diskriminiert würden? „Das AA hat natürlich ein Interesse daran, daß alle deutschen Staatsbürger gleich behandelt werden.“ Das heißt, das AA sei zu einer Verurteilung des Vorfalles bereit? „Das kann man nur im Einzelfall entscheiden.“ Aber einen Vorgang dieser Art, unabhängig vom konkreten Einzelfall, abstrakt sozusagen, den verurteile das AA doch sicher? „Abstrakt selbstverständlich.“

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