: Gorlebener Besetzer müssen definitiv zahlen
■ Bis zu 150.000 Mark müssen 14 AtomkraftgegnerInnen für die Besetzung der Fördertürme am Endlagerbau in Gorleben zahlen. Das Gericht hat eine Revision endgültig ausgeschlossen
Hannover (taz) – Definitiv sehr teuer wird für 14 AKW-GegnerInnen aus dem Wendland eine Besetzung der Gorlebener Endlagerbaustelle, die nun schon sieben Jahre zurückliegt. Im Juni 1990 hatten die vier Frauen und zehn Männer die beiden Fördertürme über den Gorlebener Schächten für 24 Stunden besetzt. Jetzt hat der Bundesgerichtshofs die Revision gegen ein Schadenersatzurteil, das die Bundesrepublik Deutschland vor dem Oberlandesgericht Celle gegen die AKW- GegnerInnen erwirkt hatte, gar nicht erst angenommen. Damit ist das Celler Urteil rechtskräftig.
Es hatte der Bundesrepublik für knapp zwei Tage Stillstand in den Gorlebener Endlagerschächten einen Schadenersatzanspruch in Höhe von 126.901,10 Mark zuerkannt. Zwar wird über die genaue Schadenshöhe noch in einem gesonderten Gerichtsverfahren verhandelt. Die Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg rechnet allerdings damit, daß die 14 Gorlebener FörderturmbesetzerInnen am Ende rund 150.000 Mark zahlen müssen. Denn zu der eigentlichen Schadenersatzsumme kommen noch die Gerichtskosten aller Instanzen und die Kosten der Anwälte hinzu, die für die Bundesrepublik tätig waren.
„Das Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit wird mit zivilrechtlichen Schadenersatzforderungen ausgehebelt“, kritisierte gestern der Sprecher der BI Lüchow-Dannenberg die Entscheidung des BGH, sich gar nicht erst mit der Revision zu befassen. Ehmke verwies darauf, daß das Strafverfahren wegen der Besetzung seinerzeit vom Amtsgericht Dannenberg gegen Zahlung einer Geldbuße eingestellt wurde. Nach Angaben des BI-Sprechers liegt die Entscheidung allerdings ganz auf der Linie eines Grundsatzurteils des Bundesgerichtshofes vom November, mit dem Umweltschützer aus Dresden wegen einer zweitägigen Blockade von Baumaschinen ebenfalls zu Schadenersatz verurteilt wurden.
Im Falle der Gorlebener Besetzung wurde der angebliche Schaden nach jenen Sätzen berechnet, den die deutschen Energieversorger nach der sogenannten Endlagervorauszahlungsverordnung für einen Tag Endlagerbau in Gorleben an den Bund zu entrichten haben. Nutznießer einer Schadenersatzzahlung der Demonstranten werden die Atomstromproduzenten sein. Für sie treibt der Bund, der das Endlager über sein Bundesamt für Strahlenschutz durch die Gorlebener DBE errichten läßt, letztlich den Schadenersatz ein. Nennenswert verzögert hat sich der Endlagerbau allerdings durch die 24stündige Besetzung nicht. Bald nach der Aktion im Juni 1990 verhängte die damalige rot-grüne Landesregierung in Hannover ohnehin einen Baustopp für die Endlagerschächte. Und wegen der schwierigen Geologie über dem Salzstock standen die Arbeiten in den Gorlebener Schächten ohnehin immer wieder still. Jürgen Voges
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