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Irlands Präsidentin ist eine Ketzerin Von Ralf Sotscheck

Weihnachten ist auch in Irland das Fest der Liebe, Völlerei und Toleranz – solange alles nach katholischen Spielregeln abläuft. Wer sich nicht daran hält, wird als Ketzer angeprangert. Dieses Schicksal erlitt ausgerechnet die neue irische Präsidentin Mary McAleese. Dem Klerus ist es gelungen, die katholische Fundamentalistin in liberalem Licht erscheinen zu lassen.

Was sie getan hat? Sie ist zur Kommunion in die Dubliner Kathedrale Christ Church gegangen – die protestantisch ist. Pfarrer James McEvoy, Philosophie-Professor am katholischen Maynooth College zu Dublin, dirigierte den Chor der Entrüstung: Sie habe den katholischen Bischöfen den erigierten Mittelfinger vor den frommen Latz geknallt. Er fände es „widerwärtig, wenn sie noch einmal das hehre Amt, das sie innehält, auf eine Art mißbrauchen sollte, durch die die katholische Kirche blamiert wird“. Aber das kenne man ja von diesen Präsidentinnen: „Ihre Vorgängerin hat dem Papst etwas Ähnliches angetan.“ Mary Robinson, die im September zurückgetreten ist, hatte voriges Jahr bei ihrer Papstvisite keine Kopfbedeckung getragen. Genausogut hätte sie nackt erscheinen können.

Über McAleese mußte sich McEvoy schon einmal ärgern: Sie habe die irischen Bischöfe kollektiv mit Pontius Pilatus gleichgesetzt und „die Ansicht geäußert, der Papst habe Holzwürmer“. Er vergaß zu erwähnen, daß die Präsidentin dabei die Art gemeint hatte, wie die katholische Kirche mit Kinderschändern in Soutanen umgegangen war. Denen gegenüber war man tolerant, geradezu verständnisvoll. Wurde ein Pfaffe erwischt, versetzte man ihn einfach in eine neue Gemeinde, wo Eltern und Kinder den Schwarzberockten auf der Kanzel für einen guten Hirten hielten. Wurde er erneut ertappt, bekam er flugs ein neues Revier zugewiesen. Auch die Pfaffen, die Kinder gezeugt hatten, blieben in Amt und Würden. Die Kirche steckte den Frauen, durch die die Priester vom Pfad der Tugend gelockt worden waren, ein paar Pennies zu, damit sie schwiegen.

Die widerrechtliche Entgegennahme der Kommunion ist dagegen nicht so leicht auszuwetzen, denn Protestanten kommen gleich nach Heiden und Teufelsanbetern. Die glauben nämlich nicht an die katholische Doktrin, wonach sich Brot und Wein bei der Kommunion „in den lebenden, auferstandenen und glorreichen Körper Christi“ verwandeln. Ein Nicht- Katholik darf die katholische Kommunion nur empfangen, wenn er im Sterben liegt und kein anderer Pfaffe erreichbar ist. Freilich muß er zuvor beweisen, daß er „den katholischen Glauben in bezug auf diese Sakramente“ teilt – also geschwind konvertiert, bevor er das Zeitliche segnet. Umgekehrt geht das nicht: Ein Katholik fährt besser ohne letzte Ölung gen Himmel, als mit der falschen Sorte Öl, sagte der Dubliner Erzbischof Desmond Connell, der über Engel promoviert hat. McAleeses protestantische Kommunion sei eine üble Täuschung gewesen.

Und eine gefährliche dazu, findet der nordirische Pfarrer Denis Faul: „Die Präsidentin hat ein mieserables Beispiel gegeben, das die Einheit der katholischen Kirche gefährdet und zu einer weiteren Spaltung im protestantischen Stil führen könnte.“ Es wäre zu schön, um wahr zu sein, wenn sich diese verkommene Sekte in Wohlgefallen auflösen würde.

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