: Ständig beschattet
■ Der in Tel Aviv angeklagte Steven Smyrek stand unter Beobachtung der Geheimdienste. Mutter spricht von "islamischer Gehirnwäsche"
Bonn/Tel Aviv (dpa) – Der Deutsche Steven Josef Smyrek (26), der in Tel Aviv wegen Vorbereitung eines Selbstmordanschlags vor Gericht steht, soll nach Aussagen seiner Mutter einer „islamischen Gehirnwäsche“ unterzogen worden sein. Die inzwischen in Großbritannien lebende Karen Weeks sagte der israelischen Zeitung „Jedioth Achronoth“: „Wenn ich gewußt hätte, was er vorhatte und von seiner Hisbollah-Mitgliedschaft gewußt hätte, hätte ich alles getan, um ihn aufzuhalten.“
Smyrek war 1994 in Braunschweig zum Islam übergetreten. Nach Informationen des Nachrichtenmagazins Focus stand Smyrek seit langem unter Beobachtung der Geheimdienste Deutschlands und Israels. Das Magazin berichtet in seiner neuesten Ausgabe, Smyrek sei am 28. November mit Wissen der deutschen Sicherheitsbehörden nach Israel gereist. Der israelische Inlandsgeheimdienst sei über die Aktion ständig unterrichtet worden.
Der Prozeß gegen Smyrek hatte am vergangenen Donnerstag begonnen. Ihm wird zur Last gelegt, im Auftrag der proiranischen Hisbollah gehandelt zu haben. Der unter anderem wegen Drogendelikten in Deutschland vorbestrafte Mann habe zur Vorbereitung eines Anschlages belebte öffentliche Plätze filmen sollen, so der Vorwurf. Laut Anklageschrift hat Smyrek während des Verhörs ein Geständnis abgelegt. Sein Anwalt erklärte, das Geständnis sei unter Druck zustande gekommen. Die Hisbollah hat jede Verbindung zu Smyrek dementiert.
Laut Focus wußten das Bundeskriminalamt (BKA), das Bundesamt für Verfassungsschutz und der Bundesnachrichtendienst (BND) seit Anfang November von den Plänen des 26jährigen Braunschweigers. Das BKA wollte sich am Samstag auf Anfrage nicht dazu äußern. Von den Geheimdiensten war keine Stellungnahme zu erhalten. Das Magazin berichtet, daß Smyrek am 28. November auf seinem Weg von einer Moschee in Braunschweig zum Amsterdamer Flughafen Schiphol pausenlos von Verfassungsschützern beobachtet worden sei. Die niederländische Polizei sei gebeten worden, den Verdächtigen vor seinem Abflug mit einer Maschine der italienischen Fluggesellschaft Alitalia auf Waffen und Sprengstoff zu überprüfen. Sofort nach seiner Ankunft in Israel wurde Smyrek verhaftet.
Nach Focus-Angaben war Smyrek Ende August von dem in Deutschland im Untergrund lebenden Kontaktmann der Hisbollah und der militanten palästinensischen Hamas, Fahdi Hamdar, zu einer Waffen- und Sprengstoffausbildung nach Libanon geschleust worden. Das Nachrichtenmagazin beruft sich auf interne Ermittlungsunterlagen und BKA- Erkenntnisse. Danach handelt es sich bei Hamdar um den Chef einer terroristischen Zelle, der in Deutschland geheime Waffen- und Sprengstoffdepots angelegt habe.
Die Mutter Smyreks berichtete, daß der Sohn nach einer unglücklichen Liebesgeschichte mit einer Ägypterin in eine tiefe Krise stürzte und sich intensiv mit dem Islam zu beschäftigten begann.
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