: Auf den Spuren des Telefonierens
■ Nicht nur in der Schweiz, sondern auch in Deutschland gibt es weitgehende Möglichkeiten, Handy-Besitzer zu überwachen: Behörden können ab 1998 Name und Adresse online abfragen
Die rund acht Millionen Handy- BenutzerInnen in Deutschland sind fast so gut überwacht wie die Schweizer MobiltelefoniererInnen. Innenminister Manfred Kanther (CDU) hat dafür gesorgt, daß das mobile Telefonieren bestens observiert und nachträglich ausgewertet werden kann. „Das ganze Telefonnetz wird so zu einem Fahndungsnetz“, moniert Alexander Dix, der stellvertretende Berliner Datenschutzbeauftragte.
Zu den heiklen Punkten der Telefonüberwachung zählen zunächst eine Online-Verbindung von Telefonunternehmen wie T-Mobil (D1), Mannesmann (D2) oder e-plus sowie die Mobilnetze großer Unternehmen. Das heißt, ähnlich wie in der Schweiz gibt es einen zentralen Zugang der Sicherheitsbehörden zu den Grundinformationen, die einen Handy- Benutzer identifizierbar machen: Name, Rufnummer und Adresse. Zugriff auf solche Bestandsdaten haben laut Telekommunikationsgesetz neben Justiz und Polizei auch die Zollbehörden sowie die Nachrichtendienste.
Zugang zu den Bestandsdaten erhalten Polizisten und Geheimdienstler über die Zwischenstation der Regulierungsbehörde für die Telekommunikation. „Die Online-Verbindung wird irgendwann im kommenden Jahr eingerichtet“, bestätigte T-Mobil-Sprecherin Susanne Sperling. Das Problem für den Handy-Benutzer: Er erfährt nichts davon, wen seine Telefongesellschaft über ihn informiert hat. „Auskünfte an die genannten Stellen [Staatsanwaltschaft, Polizei; d.Red] dürfen Kunden ... nicht mitgeteilt werden“, so das Gesetz.
Eine Lücke im Gesetzeswerk macht es den Behörden leicht, auch bei den weitaus spannenderen Verbindungsdaten weitreichende Informationen zu sammeln. Die Verbindung, also die Frage, wer mit wem telefoniert hat, wird durch das Fernmeldeanlagengesetz (FAG) geregelt. Das ist uralt und verwies die Ermittler auf die – damals – einzige Zeugin einer Telefonvermittlung: das Fräulein vom Amt. Heute schaltet und dokumentiert die Gesprächspartner der Computer, und der hat ein immenses Gedächtnis. Auf dieses Gedächtnis, die „Spuren eines Telefonats“, kann die Polizei zugreifen. Sie braucht dazu einen richterlichen Beschluß oder kann das gleich selbst anordnen, wenn „Gefahr im Verzuge“ ist.
Wegen der schwammigen Formulierung des alten FAG kann die Polizei ihre „Verhörmethoden“ praktisch selbst bestimmen: Sie fragt vom Telefonunternehmen ab, was ihr wichtig erscheint. Der Innenausschuß des Bundestages hat der Bundesregierung bis April 1998 eine Frist gesetzt, das Vorgehen der Polizei präziser zu definieren – damit Mobilfunkbetreiber und BürgerInnen wissen, was über sie erfragt werden darf.
Dazu gehören, anders als in der Schweiz, augenblicklich noch nicht die Bewegungsdaten. Wo sich ein Telefonierer aufhält, erfahren die Behörden nur beim direkten Abhören des Telefons. Das geht – offiziell – nur bei schwerstem Verdacht. Aber auch da tut sich bereits eine Lücke auf. Während die Datenschützer davon ausgehen, daß Bewegungsdaten überhaupt nicht festgehalten werden, erklärte ein T-Mobil-Sprecher gegenüber der taz: „Wir speichern 48 Stunden lang, wo sich ein Handy-Besitzer aufhält. Wenn Polizei und Richter schnell genug sind, geben wir das weiter.“ Christian Füller
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