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Kasten statt Flügel

■ Mit Umbauten und neuen Zielen geht das Völkerkundemuseum ins Jahr '98

Das Museum für Völkerkunde ist zwar kein Star unter den Hamburger Museen, gehört aber mit über 180.000 Besuchern im Jahr zu den erfolgreichsten seiner Art in Europa. Doch auf Dauer kann kein interessantes Programm darüber hinwegtäuschen, daß die Schauräume nach einer Modernisierung verlangen, die Magazine in katastrophalem Zustand sind, die Fotosammlung mit Bildern seit 1860 nicht archiviert ist und keiner mit Sicherheit sagen kann, ob sie 40.000 Stück umfaßt oder gar das fünffache.

Doch es tut sich was. Das Museum hat einen großen Betrag der ZEIT-Stiftung für die Neugestaltung der EUROPA-Ausstellung erhalten. Diese Finanzhilfe will das Museum nutzen, um eine seltene wie wichtige Abteilung zum EURO-Jahr 1999 zu eröffnen. Kurz vor Weihnachten konnte zudem mit den Arbeitern die termingerechte Fertigstellung der Betonfundamente zur neuen Halle im Hof des Hauses gefeiert werden.

Statt der seit Eröffnung des Baus im Jahre 1912 immer weiter verschobenen Realisierung des gebäudeabschließenden Ostflügels wird nun, unter Schonung des alten Baus, ein 420 Quadratmeter großer „Kasten“in den geschlossenen Hof des Museums hineingesetzt. Dieser „Kasten“ist weit mehr als eine einfache Hofüberdachung: Für 3,5 Millionen Mark entsteht unter Leitung der Architekten von Bassewitz, Patschan, Hupertz und Limbrock eine zehn Meter hohe Halle, in deren Keller die Funktion des Anlieferungshofs erhalten bleibt. Die Halle bietet außerdem Platz für ein Restaurant und einen Spezialladen. Die von der provisorischen Restauration befreite große Zentralhalle im ersten Stock wird damit wieder zum Herz des Museums. In ihr kann das zentrale Anliegen der Ethnologie dargestellt und zu den speziellen Sammlungen des Hauses übergeleitet werden.

Mit der Eröffnung der neuen Halle im September 1998 entsteht zusammen mit der Marmorhalle, dem alten großen Hörsaal und neu eingerichtetem Musikinstrumentensaal samt Bühne ein separat zugänglicher Veranstaltungsbereich für alle Arten von Kulturvermittlung. Dazu kommt noch der historisch restaurierte kleine Hörsaal, dessen Oberlicht wieder geöffnet und Jugendstilpaneele und Fenster wiederhergestellt werden. Und wenn sich ein Sponsor findet, soll in der neuen Halle außerdem ein Riesenscreen für Projektionen angebracht werden. Das Ganze soll dann bis 24 Uhr geöffnet sein und dem Uni-Viertel ein belebtes kulturelles Zentrum bescheren.

Hajo Schiff

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