: Levy tritt auf Raten zurück
■ Israels Außenminister macht Drohung wahr
Tel Aviv (AFP/taz) – Schritt für Schritt tritt er zurück: Nachdem Israels Außenminister David Levy bereits am Donnerstag mit seinem Abschied aus der Regierung gedroht hatte, kündigte er gestern an, er wolle Ministerpräsident Netanjahu sein Rücktrittsgesuch noch am gleichen Abend überreichen. „Ich gehöre dieser Regierung nicht mehr an“, bekräftigte Levy vor JournalistInnen in Tel Aviv. „Nichts kann diese Entscheidung ändern.“
Mit seinem Abschied protestiert der einzige relativ gemäßigte Politiker in der Regierung gegen den umstrittenen Haushaltsentwurf für 1998 und die Sozialkürzungen, die er vorsieht. Außerdem ist Levy nicht einverstanden mit Israels zögerlicher Abzugspolitik aus dem besetzten Westjordanland. „Ich habe keine Wahl. Ich muß zurücktreten“, sagte Levy. Auch Verteidigungsminister Jitzhak Mordechai hatte am Wochenende mit Amtsniederlegung gedroht, falls Israel nicht weitere Truppen aus dem besetzten Gebiet abzieht.
Bis Netanjahu ohne Außenminister dasteht, dauert es allerdings noch mindestens zwei Tage. Erst nach 48 Stunden ist nach israelischem Recht der Rücktritt eines Ministers wirksam. Zeit für letzte Vermittlungen? „Diesmal ist es ernst“, beschied Levy gestern zweifelnden JournalistInnen. Schon gestern vormittag hatte er die wöchentliche Sitzung des Kabinetts boykottiert und feilte lieber an seinen Erklärungen.
Über den Kündigungsgrund des Ministers, den Haushalt 1998, wird das Parlament zunächst nicht beraten. Die Debatte, die für heute geplant war, ist noch einmal verschoben worden. Denn Netanjahu braucht Zeit, um die Risse in seiner Regierung zu kitten. Ohne Levy und seine Gescher-Partei hat Netanjahu nur noch eine Stimme Mehrheit im Parlament; 61 Regierungskoalitionäre sitzen 60 Oppositionellen gegenüber.
Und auch diese Restkoalition steht nicht geschlossen hinter dem Präsidenten und seinem Haushalt. Vier Abgeordnete aus Netanjahus Likud-Block hatten bereits vor einigen Wochen seinen Rücktritt gefordert. Levys Abtritt könnte von anderen Gegnern des Präsidenten als Signal verstanden werden, die Gefolgschaft aufzukündigen. Die oppositionelle Arbeitspartei kündigte bereits für die kommende Woche ein Mißtrauensvotum an. Deshalb hofft Netanjahu, daß Levy sich doch noch zum Weiterarbeiten überreden läßt. Er will Levys Forderungen im Haushaltsplan erfüllen. Außerdem plant der US- Nahostbeauftragte Dennis Ross für morgen einen Besuch in Israel, um über den Friedensprozeß zu verhandeln, und mit einem scheidenden Außenminister stünde Netanjahu schlecht da.
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