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Weniger Mitgift

Die Schadstoffbelastung in Nord- und Ostsee geht zurück. Dennoch gibt es keinen Grund zur Entwarnung: Immer noch zu viele Pestizide aus der Landwirtschaft gelangen ins Meer  ■ Von Achim Fischer

Die Schadstoffbelastung von Nord- und Ostsee geht zurück. Das berichtete gestern das Hamburger Bundesamt für Seeschiffahrt und Hydrographie (BSH) bei seiner Jahresbilanz. BSH-Präsident Peter Ehlers sieht dennoch „keinen Anlaß, sich beruhigt zurückzulehnen“. Er forderte, unter anderem die Gifteinträge durch Landwirtschaft und Verkehr zu reduzieren.

„Seit zwei, drei Jahren“, so Ehlers, beobachtet das Bundesamt eine langsame Verbesserung der Wasserqualität in Nord- und Ostsee. Rückläufig seien vor allem die Belastungen mit Schwermetallen und Phosphaten. Als Ursache dafür nannte er verbesserte Umweltschutzmaßnahmen, vor allem durch Kläranlagen, in West- und Osteuropa. Die Giftfrachten gingen außerdem infolge des Zusammenbruchs der osteuropäischen Industrie zurück. Marode Altbetriebe hatten dort unvorstellbare Giftmengen in die Flüsse gekippt.

„Große Probleme“gibt es laut BSH-Präsident allerdings immer noch bei der Stickstoff- und Pestizidbelastung. Hauptverursacher hierfür ist die konventionelle Landwirtschaft (Stickstoff ist wichtigster Bestandteil von Kunstdüngern). „Hier müßte noch mehr getan werden“, forderte der BSH-Präsident. Auch die Luftbelastung, etwa durch den Straßenverkehr, müsse weiter reduziert werden.

Die Umweltstiftung WWF bestätigte die Analysen des Bundesamtes. Auch die Umweltschützer sehen das größte Problem in den Pestizid- und Stickstoffbelastungen von Nord- und Ostsee. Vor allem in Flußmündungsgebieten und im Wattenmeer beobachtet die Stiftung, daß sich diverse Schadstoffe in Meerestieren anreichern. Der Giftcocktail sorgt zum Beispiel bei Flundern und Schnecken nachweislich für Änderungen im Hormonhaushalt, die unter anderem zur Unfruchtbarkeit führen. WWF-Meeresexperte Ulf Jakob fordert deshalb mehr Unterstützung für eine extensive Landwirtschaft. Aber auch die konventionelle Landwirtschaft könnte durch sorgfältigere Wirtschaftsweisen ihre Emissionen verringern. „Es wäre schon ein erster Schritt, wenn die Landwirte Pestizide nicht mehr bei viel Wind ausbringen würden“, nennt Jakob eine Möglichkeit.

Die Hamburger Forscher registrierten auch Temperaturveränderungen im Nordatlantik. In 1500 Metern Tiefe kühlt sich das Wasser ab, in höheren Schichten erwärmt es sich. Gleichzeitig ändern sich die Strömungsverhältnisse. „Es kann sein, daß sich hier Veränderungen im transatlantischen Transaktionssystem andeuten“, so BSH-Präsident Ehlers. Sprich: daß der Golfstrom sich abschwächt oder ganz versiegt. Die warme Meeresströmung ist Europas Zentralheizung. „Ohne ihn hätten wir hier sibirische Verhältnisse“, so Ehlers. Klimaforscher befürchten, daß der Golfstrom infolge des Treibhauseffektes in den nächsten Jahrzehnten ausfallen könnte. „Es kann auch sein“, gibt Ehlers zu bedenken, „daß es sich hier nur um periodische Schwankungen handelt“.

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