: Schülerin auf der Wache malträtiert?
■ zeigt Polizist an Nach Ladendiebstahl im sechsten Polizeirevier: Ein Polizist soll eine 18jährige blutig geschlagen und getreten haben. Drei andere schauten tatenlos zu / Opfer erstattete Anzeige
Tina Littmeier und Gila Müller* haben ihren guten Glauben an die Polizei gründlich verloren – einen Tag vor Heiligabend. Der Vertrauensbruch kam mit einer drei Zentimer langen, blutigen Wunde an Tinas Hinterkopf – und mit Blutergüssen an Armen, Schulter und Unterleib. Die soll ihr ein Polizist auf dem Innenstadtrevier sechs an der Domsheide zugefügt haben, wo Tina und ihre Freundin nach einem Ladendiebstahl zur Durchsuchung gelandet waren. Nach Schilderungen der beiden Schülerinnen kam es „irgendwie ganz ohne Grund“im Wartebereich der Wache zu dem Angriff. Tina Littmeier hat daraufhin Anzeige erstattet. „Das wird ermittelt“, bestätigt die Polizeipressestelle. Genauere Angaben könne man zu dem Vorfall vor rund zwei Wochen nicht machen.
Damals waren die beiden Freundinnen, nachdem der Hausdetektiv einer bundesweiten Textil-Kette sie in einer Filiale gestellt hatte, auf der Wache gefilzt worden; Tina hatte den versuchten Cordhosen-Klau bereits gestanden – und das Revier eigentlich schon verlassen, als ihr vor der Tür einfiel, daß die Freundin noch den Haustürschlüssel in der Tasche hatte. Zurück in der Wache soll es dann geschehen sein.
Sie habe ganz harmlos bei Gila gestanden, um zu warten, bis die endlich auch entlassen würde, berichtet Tina. „Da packte mich ein Polizist, der eigentlich mit uns gar nichts zu tun gehabt hatte, an beiden Armen, hob mich ein Stück hoch und knallte mich gegen die Tür. Das war am 23. Dezember kurz nach acht Uhr abends.“Drei weitere Beamte zählte sie um diese Zeit im Raum; außerdem die Freundin, „die immer noch nicht gehen durfte, obwohl die doch gar nichts angestellt hatte.“
Warum der Beamte ausgerastet sein könnte, ist den beiden jungen Frauen ein Rätsel. „Das kam wie aus heiterem Himmel. Ok, als wir am Anfang herkamen, war ich schon frech“, räumt Tina ein. Aber nach einer runden Stunde Warten auf der Wache sei doch zuletzt alles ganz ruhig gewesen. Gila bestätigt Tinas Bericht – und auch, daß die Beamten von Anfang an „mies drauf“waren. „Die haben immer gestichelt. Ich hatte mir Polizisten bei der Arbeit anders vorgestellt“, sagt die 16jährige.
Erst später, Minuten nach dem gewaltsamem Rauswurf Tinas, als sie endlich auch selbst gehen durfte, entdeckte Gila die große Platzwunde am Hinterkopf ihrer Freundin, die sie bei einer Telefonzelle an der Domsheide fand. Tina war beim Sturz in der Wache gegen einen metallenen Türgriff geprallt; vom Tritt des Beamten in ihren Unterleib berichtete sie der Freundin erst spät in der Nacht, als die St. Jürgens-Klinik bereits Entwarnung gegeben hatte: Keine innere Verletzung. „Glück“, sagt Tina. „Mensch, ich dachte doch, der Fuß kommt mir oben gleich raus.“
Daß Tina Littmeier nur eine halbe Stunde, nachdem sie aus dem Polizeirevier geflogen war, schon Anzeige gegen ihren Angreifer erstattete – wegen Körperverletzung im Dienst – sieht sie als reinen Zufall. Ein junger Mann hatte den Notfarztwagen alarmiert, als die 18jährige ihn mit blutverschmierten Haaren und Händen um Hilfe beim Telefonieren bat. „Ich konnte gar nicht viel tun. Ich war einfach verwirrt; geschockt irgendwie“, erinnert Tina sich. Dann kamen die Sanitäter, die auch die Polizei riefen. Beamte von einer anderen Wache kamen. Noch von der Liege im Notarztwagen aus erstattete Tina Littmeier Anzeige.
ede
*Namen geändert
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